Wir Kinder des Lichts

Über den Predigttext zum Drittletzten Sonntag des Kirchenjahrs: 1. Thessalonicher 5,1-6 (7-11)

Predigttext
1 Von den Zeiten aber und Stunden, Brüder und Schwestern, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; 2 denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht. 3 Wenn sie sagen: „Friede und Sicherheit“, dann überfällt sie schnell das Verderben wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entrinnen. 4 Ihr aber seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme. 5 Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis. 6 So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein. 7 Denn die da schlafen, die schlafen des Nachts, und die da betrunken sind, die sind des Nachts betrunken. 8 Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil. 9 Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, die Seligkeit zu besitzen durch unsern Herrn Jesus Christus, 10 der für uns gestorben ist, damit, ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben. 11 Darum tröstet euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.

Wie ein Dieb in der Nacht – so kam das Corona-Virus. Niemand hat damit gerechnet, dass es so verheerende Folgen haben würde. Niemand konnte es aufhalten, noch nicht einmal die Katastrophenschutzorganisationen mit den fertigen Epidemie-Plänen in der Schublade. Die Welt geriet aus den Fugen.

Wie ein Dieb in der Nacht, so kommen manchmal Verluste im Leben. Eines Morgens liegt da der Brief mit der Absage für den ersehnten Studienplatz. Oder die Kündigung des Vermieters. Oder das befürchtete Ergebnis der Krebsuntersuchung. Niemand kann das verhindern, beim besten Willen nicht. Das Leben kann dadurch ziemlich aus den Fugen geraten.

Ein Hoffnungsbild gegen die Ängste

Wie ein Dieb in der Nacht – so kommt auch der Tod. Manchmal ganz plötzlich, ohne jede Ankündigung; manchmal quälend langsam, über viele durchwachte und durchlittene Nächte hinweg. Niemand kann ihn aufhalten, auch nicht die besten Ärztinnen oder Pfleger. Und wenn er da ist, gerät die Welt aus den Fugen.

Der Dieb in der Nacht – es ist ein Angstbild, das Paulus hier hervorruft. Da bricht jemand ein in den Bereich, in dem ich mich sicher fühle. Ungesehen, ungehört nimmt er sich, was er will. In der Dunkelheit der Nacht bin ich machtlos und kann ihn nicht aufhalten; nicht beschützen, was mir gehört.

Angst haben wir vor Leid, Verlust, Krankheit und Tod. Für die Menschen, an die Paulus damals schrieb, kam noch eine weitere Angst hinzu: die vor dem Gericht Gottes, das sie in allernächster Zeit erwarteten. Was wird dann mit uns geschehen?, fragten sie sich. Werden wir bestehen? Oder werden wir Leben und Seligkeit verlieren?

Paulus nimmt diese Ängste ernst. Aber er stellt ihnen ein starkes Trostbild entgegen: Ihr, die ihr an Jesus Christus glaubt, seid Kinder des Tages. Die Nacht und das, was in ihr geschieht, muss euch nicht schrecken. Ihr habt euch ja bereits jetzt für das Licht entschieden, und damit seid ihr auch jetzt, in diesem Leben, im Licht. Ja, auf der Seite des Lebens seid ihr sogar über den Tod hinaus; denn wie Christus auferweckt wurde, so werdet auch ihr auferweckt. Ihr seid bestimmt für die Seligkeit. Kein Dieb kann euch dieses Vertrauen nehmen.

Diese Gewissheit strahlt dann wiederum zurück auf das Leben hier: Wer sich auf der Seite des Tages weiß, kann gelassener mit den nächtlichen Ängsten umgehen. Sicher, Krankheit, Scheitern und Tod sind immer gegenwärtig im Leben. Aber sie haben nicht das letzte Wort. Sie sind aufgehoben in Gottes Hand, und wir dürfen sie ihm getrost in seine Hände legen. Das gibt Kraft, den Dunkelheiten zu begegnen, und Hoffnung zum Weiterleben.

Dazu kommt: Wer sich auf der Seite des Tages weiß, hat einen guten Grund, den Verlockungen der Nacht zu widerstehen. Paulus spricht vom Betrunkensein. Mit dem gleichen Recht hätte er von Machtgier, Geldgier, Gleichgültigkeit und Lieblosigkeit schreiben können; von der Selbstsucht und all den Süchten, die ähnlich berauschend sind wie Alkohol – und ähnlich zerstörerisch für das eigene Leben wie für das anderer.

Das, so betont Paulus, habt ihr nicht nötig. Ihr sei zu etwas anderem bestimmt – ihr lebt mit Christus. Denkt daran, erinnert euch daran, tröstet euch untereinander damit, ihr Kinder des Lichts!