Die Inflation steigt, Bankkonten sind eingefroren, Lebensmittel und Energie werden immer teurer. So hat sich der Brotpreis in den vergangenen Monaten vervielfacht. Der Libanon gilt als ein Land am Abgrund.
Dennoch trifft man in der Hauptstadt Beirut auf Zeichen, dass die Menschen die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht aufgegeben haben, trotz der schweren Explosion vom August 2020, bei der mehr als 200 Menschen getötet wurden und 300.000 Menschen ihre Häuser verlassen mussten. Ein Graffiti mit dem englischen Wort „Hope“ (Hoffnung) und zwei Friedenstauben auf einer Mauer im Stadtzentrum ist nur ein Beispiel.
Hoffnung haben auch die Mitarbeitenden der maronitischen Kirche St. Maroun im Beiruter Stadtteil Gemmayzé. Das durch die Explosion eingestürzte Pfarrhaus wird gerade wieder aufgebaut. Etwa 20 Ehrenamtliche, die selbst von den Auswirkungen der Explosion betroffen waren, kümmern sich unermüdlich um die Ärmsten und sozial Schwachen, organisieren Arztbesuche oder kaufen Medikamente.
„Wir leiden, aber wir lächeln trotzdem und geben niemals auf“, sagt die Mitarbeiterin Rania lächelnd. Die Ehrenamtlichen erhielten auch „ganz viel Liebe, Friede und Hoffnung zurück“. Etwa von einer obdachlosen Frau, die dank der Gemeinde eine kleine Wohnung bekommen hat oder von einer depressiven, gehbehinderten Frau, die nur noch selten ihre Wohnung verlässt.
Die Helferinnen und Helfer betreiben auch die Suppenküche „Kitchen of Beirut“ und verkaufen zusätzlich warme Mahlzeiten „über die Straße“. Sie organisieren Kleiderspenden und verkaufen handgemachte Seifen. Der Priester, Father Joseph, hat sich selbst das Nähen beigebracht und schneidert liturgische Gewänder für Priester zum Selbstkostenpreis.
Auch im Landesinneren, in der Bekaa-Ebene, kümmern sich Ordensleute der maronitischen Eparchie Baalbek-Deir El-Ahmar um Arme, Kranke und Kinder. Die elf Nonnen des Konvents „Schwestern des Verlassenen Jesus“ setzen auf Glaubensfreude, soziale Arbeit und eine gute Nachbarschaft mit den Muslimen.
Ihre Motivation erläutert Schwester Jovanna, die früher als Eventmanagerin in Dubai gearbeitet hat, so: „Wir helfen, weil sich jeder Mensch irgendwann mal verlassen fühlt, so wie Jesus am Kreuz.“ Die Schwestern bauen Obst und Gemüse an, halten Hühner und Ziegen. Das spart Geld und ist gleichzeitig Vorbild für die Bevölkerung.
Auch der maronitische Bischof Hanna Rahmé von Baalbek-Deir El-Ahmar ist Selbstversorger und arbeitet gerne in seinem kleinen Weinberg. „Wir sind nicht nur hier, um Menschen zu helfen, sondern auch Christus zu bezeugen“, betont der Theologe. In der Nähe gibt es viele muslimische Dörfer, die von der Hisbollah kontrolliert werden.
Sein Bistum betreibt auch ein Krankenhaus und eine Schule. „Die ganze Gegend hier soll mit uns und durch uns wachsen“, wünscht er sich. Wegen der wirtschaftlichen Krisen seien die Projekte gefährdet. Sein Bistum ist auf Hilfe aus Deutschland angewiesen und wird vom katholischen Hilfswerk Missio in Aachen unterstützt.
Derzeit besucht Rahmé gemeinsam mit weiteren Mitarbeitenden Deutschland im Rahmen des Monats der Weltmission des katholischen Hilfswerkes Missio. Die Aktion wird am Sonntag mit einem Pontifikalamt im Freiburger Münster eröffnet.
Die staatlichen Schulen im Libanon sind seit Monaten geschlossen, aber nicht die kirchlichen. In der Schule der „Schwestern vom Guten Hirten“ in Deir El-Ahmar werden 175 syrische Flüchtlingskinder von sechs bis 16 Jahren unterrichtet, die aus einem der kleinen Zeltdörfer in der Nähe kommen. „Wir Libanesen wissen, was Krieg bedeutet und haben die Syrer mit offenen Armen empfangen“, erklärt Schwester Rita. Wegen der Krise sinke die Akzeptanz der etwa 1,5 Millionen Geflüchteten.
„Wir vermitteln den Flüchtlingskindern nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen, sondern auch Werte für ein friedliches Zusammenleben und den Schutz junger Mädchen und Frauen vor Gewalt“, sagt Schwester Rita: „Wir sind nur eine kleine Kirche, mehr können wir nicht tun.“ (2339/29.09.2023)