„Wir fahren die Lautstärke runter“

Eine Heavy-Metal-Band gibt in einer Kirche ein Benefiz-Konzert, sehr zur Freude der Pastorin. Dort ist im vergangenen Sommer schon ein Musikvideo gedreht worden.

In der Kreuzkirche (v.l.): Pastorin Linda Pinnecke, Mella Winterfeld und Johanna Heesch
In der Kreuzkirche (v.l.): Pastorin Linda Pinnecke, Mella Winterfeld und Johanna HeeschMarieke Lohse

Hamburg. Wenn es Vorbehalte gab, dann immer nur bezogen auf die Frage: „Wie gut wird unser Kirchenraum behandelt“, berichtet Linda Pinnecke, Pastorin im Wandsetal. Ist der Raum in guten Händen? Wird auch nichts kaputt gehen? Am Sonnabend, 4. Januar, tritt die Metal-Band „Incantatem“ in der Kreuzkirche in Wandsbek auf, als Vorband spielt „Vogelfrey“, ebenfalls eine Metal-Band. Es ist nicht das erste Mal, das in der Kirche Metal erklingt.

Im Sommer hatte bereits die Metal-Band „Lord of the Lost“ in der Kirche ein Musikvideo gedreht, so kam auch der Kontakt zustande. Mella Winterfeld, Cellistin der Band „Incantatem“, wandte sich an die Pastorin und fragte, ob sie dort ein Konzert geben dürften. Als Pinnecke hörte, dass es ein Benefizkonzert sein sollte, war sie begeistert, sagt sie. Das Konzert findet zugunsten des Wünschewagens des Arbeiter-Samariter-Bundes statt, der Todkranken und Sterbenden letzte Wünsche ermöglicht.

Premiere für die Band

„Ich habe die Band kennengelernt, hatte das Gefühl, dass sie mit unserem Raum gut umgehen werden und habe dann um Zustimmung bei meinen Kirchengemeinderatsmitgliedern geworben“, sagt Pinnecke. Sie freuen sich, dass die Kreuzkirche so geschätzt sei. Erst im vergangenen Jahr wurde sie umfassend saniert, der Boden ausgerissen, die Heizung ausgetauscht, die Orgelpfeifen gereinigt.

Die Band „Incantatem“ beschreibt ihren eigenen Stil als modernen Folk-Metal. Die fünf Hamburger treten seit 2015 auf, ihr Debütalbum erschien 2018. Sie singen auf Deutsch. Mit Kirchenräumen haben sie schon Erfahrung: Im November vergangenen Jahres drehten sie in einer Kapelle bei Himmelpforten Musikvideos. Aber ein Konzert in einer Kirche geben sie zum ersten Mal. Den Kirchenraum haben sie bereits angesehen und aufgrund des Halls beschlossen, nicht die Metal- sondern eine Akustikversionen ihrer Lieder zu spielen. „Es wird alles ein bisschen sanfter“, sagt Johanna Heesch. „Wir fahren die Lautstärke runter“. Die Bands – beide aus Hamburg – sind gut befreundet. Johanna Heesch spielt in beiden Bands Cello. Einen Song werden sie gemeinsam spielen.

Woher der schlechte Ruf kommt

Johanna Heesch kann verstehen, dass manche Menschen Metal-Musik kritisch sehen – besonders in einer Kirche. Der schlechte Ruf käme vor allem von dem Schreigesang, den viele Bands praktizieren, erklärt sie. Der sei nicht nur schlecht zu verstehen, sondern habe auch etwas Aggressives. Aber nur, wenn man nicht daran gewöhnt sei, findet sie.

„Nur weil es Metal ist, bedeutet es überhaupt gar nicht, dass es etwas Boshaftes ist oder menschenverachtende oder satanische Inhalte weiterträgt. Auf gar keinen Fall“, sagt Mella Winterfeld. „Das ist eine Frage des Textes“. Viele Bands sängen sogar sehr schnulzige Lieder, auch Sozialkritik käme oft vor. Es habe wenig mit Religion und Kirche zu tun, es gehe viel um Herzschmerz. „Es finden eher Lebensbewältigungsprozesse statt“, sagt Heesch.

Das Konzert in der Kirche sei eine Chance, diese Musikrichtung einmal kennenzulernen. Ohne die Lautstärke, ohne Aggressivität und für einen guten Zweck. „Wir wollen, dass die Kirche voll wird“, sagt Mella Winterfeld. „Ich würde mich extrem freuen, wenn richtig viel Geld für den Wünschewagen zusammenkäme, weil das ein großartiges Projekt vom ASB ist.“

„Incantatem“ gibt öfter Benefizkonzerte. Im vergangen Jahr haben sie die deutsche Kinderkrebshilfe unterstützt, dieses Jahr den Wünschewagen, für nächstes Jahr suchen sie noch nach einem Ziel, aber es soll auf jeden Fall eines geben. „Wir finden das sehr wichtig“, sagt Mella Winterfeld. Der komplette Erlös des Konzerts wird gespendet, der größte Teil an den Wünschewagen, ein kleiner Teil soll auch an die Kirchengemeinde gehen.

Nicht auf Heavy Metal reduzieren

Metal-Video, Metal-Konzert. Was kommt für die Kreuzkirche als nächstes? „Ich würde mich darüber freuen, wenn wir als Kirchengemeinde auch in dieser Szene eine besondere Bedeutung gewinnen würden“, sagt Pinnecke. „Aber ich würde uns nicht darauf reduzieren wollen.“ Sie ist der Meinung, dass der Kirchenraum an sich eine besondere Wirkung habe. „Wir sind gut beraten sind, uns zu überlegen, wie wir unsere Kirchenräume noch nutzen wollen“, sagt sie. Man müsse sich überlegen, wem man die Türen öffne.

Info
Das Konzert der Band „Incantatem“ und der Vorband „Vogelfrey“ findet am Sonnabend, 4. Januar 2020, um 19 in der Kreuzkirche Wandsbek, Kedenburgstrasse 14, statt. Der Einlass beginnt um 18.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.