Wie sich Kinder das Jenseits vorstellen

Grundschulkinder haben im Religionsunterricht der Vikarin Anna Cornelius gemalt, was sie nach dem Tod erwarten. Dabei spielen Fahrstühle eine Rolle – und auch eine „private Wolke“.

Vikarin Anna Cornelius zeigt eines der Bilder, die ihre Schüler zum Thema „Tod“ gemalt haben
Vikarin Anna Cornelius zeigt eines der Bilder, die ihre Schüler zum Thema „Tod“ gemalt habenFriederike Lübke

Hamburg. „Wie werden Kinder mit diesem heiklen Thema umgehen?“, fragte sich Anna Cornelius. Als Vikarin der Gemeinde Bergedorfer Marschen absolvierte sie von Oktober bis Februar ihr Schulvikariat an der Adolph-Diesterweg-Schule in Allermöhe und entschied sich, ihre Prüfungsstunde über Tod und Jenseits zu halten. Theologisch ist sie Expertin, sie wurde mit einer Arbeit über die Auferstehung promoviert. Aber was sich die Kinder ihrer 4a nach dem Tod vorstellen, fand sie so wertvoll, dass sie die Bilder nun in der Franz-von-Assisi-Kirche ausgestellt hat.
Anna Cornelius hat mit den Kindern bewusst nicht über christliche oder religiöse Vorstellungen vom Jenseits gesprochen, bevor diese ihre Bilder gemalt haben. Sie wollte sehen, welche eigenen Ideen sie mitbringen. Das Ergebnis ist eine Mischung aus der Lebenswelt der Kinder, religiösen Motiven und viel Fantasie.

Fahrstuhlmusik für Verstorbene

Die Kinder haben sich auch ganz praktische Gedanken gemacht, zum Beispiel darüber, wie man eigentlich in den Himmel kommt. Julia, 9, stellt sich vor, dass sie von einer „privaten Wolke“ abgeholt wird. Viele andere denken, dass ein Fahrstuhl – sogar mit Fahrstuhlmusik – die Verstorbenen in den Himmel fährt.
21 der 22 Kinder haben einen Himmel gemalt. Zwei sogar eine Hölle. Nur ein Junge stellt sich vor, dass das Leben einfach unter der Erde weitergeht. Der Tote rutscht aus seinem Sarg direkt in sein unterirdisches Wohnzimmer, Fernseher inklusive. Nebenan wohnen die Ameisen.
Was das Jenseits betrifft, unterscheiden die Kinder nicht zwischen Menschen und Tieren. Die verstorbene Schildkröte und der eingeschläferte Hund kommen genauso in den Himmel wie eine verstorbene Tante. Dort bekommt dann auch die Schildkröte Flügel und fliegt herum – neben Jesus, Gott und Opa.

Der Himmel als "Zukunftsland"

Der Tod macht zwar die Menschen traurig, aber der Himmel scheint ein guter Ort zu sein. Er ist ein „Zukunftsland“, schreibt der zehnjährige Noel zu seinem Bild. „So lässt es sich leben“, steht unter einem anderen, auf dem Gott schon mit einem Glas Wasser in der Hand auf den Verstorbenen wartet. „Das hat mich sehr berührt“, sagt Anna Cornelius.
„Ich hatte das Gefühl, sie sprechen sehr gern darüber, weil man sonst mit ihnen nicht über dieses Thema spricht“, sagt sie. So witzig manche Ideen wirken, so ehrlich meinen es die Kinder. „Für sie ist das wahr“, sagt Anna Cornelius. Als eine kleine Spinne starb, die im Klassenraum ihr Netz gespannt hatte, hätten die Kinder mit großem Ernst einen kleinen Papiersarg für sie gebaut und sie auf dem Schulhof beerdigt.
Gerade weil sie sich selbst theologisch so viel mit dem Thema Tod auseinandergesetzt hat, habe sie nicht spontan ein Bild vom Himmel zeichnen können, sagt Anna Cornelius. Aber was für Erwachsene hochphilosophische Fragen sind, etwa: „Wie sieht eine Seele aus?“, beantworten Kinder ohne Zögern: „Die ist durchsichtig.“

Bilder in Franz-von-Assisi-Kirche ausgestellt

Diesen kindlich-freien Umgang mit dem Thema Tod können sich nun auch die Gottesdienstbesucher ansehen. Die moderne Franz-von-Assisi-Kirche hat verschiebbare Wände, sodass man den Gottesdienstraum verkleinern oder vergrößern kann. Anna Cornelius hat sie so angeordnet, dass neben den Stuhlreihen ein zum Eingang offener eigener Raum entstanden ist, in dem die Bilder wirken können. Bilder und Texte hat sie auf leuchtend gelben, roten und blauen Pappen befestigt, passend zu den bunten Bilderwelten der Kinder.
Anna Cornelius wünscht sich, dass auch Erwachsene sich von den Kinderzeichnungen ansprechen lassen. Auch sie sagt: „Die Begeisterung der Kinder nehme ich mit.“
Info
Die Ausstellung „Was kommt danach? Tod und Auferstehung aus der Perspektive von Kindern“ wird bis zum Freitag, 21. April, in der Franz-von-Assisi-Kirche, Grachtenplatz 13, in Neuallermöhe zu sehen sein. Die Kirche ist nicht durchgehend geöffnet, kann aber aufgeschlossen werden. Tel. 040 / 735 10 14.