Wie Martin Walser und Theo Waigel Freunde wurden

Linke Literatur, Schafkopf und die CSU – passt das zusammen? Manchmal schon, zum Beispiel bei „Mister Euro“, dem früheren Parteichef und Bundesfinanzminister. Und eine Lektüreempfehlung für Hubert Aiwanger hat er auch.

Eine verlustreiches nächtliches Kartenspiel stand am Beginn der engen Freundschaft zwischen dem früheren CSU-Parteichef Theo Waigel und dem 2023 verstorbenen Schriftsteller Martin Walser. Das offenbarte Waigel in einem am Wochenende veröffentlichten Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“.

Der frühere Spitzenpolitiker erzählte, er habe Walser einmal zu einer CSU-Klausur nach Wildbad Kreuth eingeladen. „Er hat in den Achtzigern zu den wenigen Geistesgrößen gehört, die sich geweigert haben, die Teilung Deutschlands hinzunehmen. Mir hat imponiert, dass einer, der eigentlich der linken Szene zugerechnet wird, den Mut hat, etwas zu sagen, das damals von anderen Literaten nicht einmal gedacht wurde.“

In Kreuth habe Walser dann gefragt, ob man ihn bei einer Schafkopfrunde mitmachen lasse. „Sie haben ihn gern mitspielen lassen und ihm in der Nacht 500 Mark abgenommen. Ich habe mich geschämt für diese Raubritter, die sich diebisch gefreut haben, einem so großen Dichter Geld abzunehmen. Ich habe Walsers Honorar dann diskret um 500 Mark angehoben. Aus dem Treffen in Kreuth hat sich eine tiefe Freundschaft entwickelt.“

Waigel hat in dem Interview auch noch eine Literaturempfehlung für den stellvertretenden bayerischen Regierungschef Hubert Aiwanger von den Freien Wählern parat: „Es lohnt sich, anständig zu sein“ von Wladyslaw Bartoszewski. Dabei handelt es sich um die 1995 erschienenen Lebenserinnerungen des 2015 verstorbenen ehemaligen polnischen Außenministers.

Waigel, von 1988 bis 1999 Bundesfinanzminister und Namensgeber der Gemeinschaftswährung Euro, vollendet am 22. April sein 85. Lebensjahr.