Wie Gespräche Flüchtlingen helfen

Ein Pastorin im Ruhestand im Ruhestand bietet Gespräche und Seminare über Traumata und Trauer an.

Dana Pruss (l.) und Roswitha Becker-Ubbelohde, Pastorin i.R., bieten Flüchtlingen Gespräche zur Aufarbeitung von belastenden Erfahrungen an
Dana Pruss (l.) und Roswitha Becker-Ubbelohde, Pastorin i.R., bieten Flüchtlingen Gespräche zur Aufarbeitung von belastenden Erfahrungen anChristian Dolle / epd

Osterode. Viele der in Deutschland lebenden Flüchtlinge schlafen bei Licht. Das hat weniger etwas mit kulturellen Verschiedenheiten zu tun, sondern vielmehr mit ganz konkreten Ängsten und schrecklichen Erinnerungen. Die Möglichkeiten, mit jemandem über diese Probleme zu sprechen, sind – ganz abgesehen von Sprachbarrieren – ziemlich rar, denn auch ehrenamtliche Paten fühlen sich mit einem solchen Thema manchmal überfordert. 
Diese Lücke in der Integrationsarbeit möchte ein neues Projekt der Flüchtlingssozialarbeit im Kirchenkreis Harzer Land zumindest ein Stück weit schließen. In Kooperation mit Flüchtlingssozialarbeiterin Dana Pruss bietet Roswitha Becker-Ubbelohde, Pastorin im Ruhestand und Sozialpädagogin, Seminare und Gespräche zu Themen wie Traumata oder Trauer an.

Wenn die Erinnerung zurückkehrt

Schon in den 1990ern setzte sich Roswitha Becker-Ubbelohde für Flüchtlinge ein, kämpfte gegen Ausländerfeindlichkeit und nahm eine bosnische Familie bei sich auf. Zu dieser hat sie bis heute freundschaftlichen Kontakt und weiß daher, wie lang der Prozess der Integration in einem fremden Land tatsächlich dauert und wie viele kulturelle Besonderheiten es zu bedenken gibt.
„Jeder Flüchtling, der zu uns kommt, hat in der Heimat einen nahen Menschen verloren“, macht sie deutlich. Doch für Trauerarbeit gebe es wenig Zeit, und ein fester Ort zum Gedenken an den Verstorbenen fehlt ebenso. Bei Kindern könne beispielsweise der Schwimmunterricht in der Schule Erinnerungen an traumatische Erlebnisse auf dem Mittelmeer hervorrufen. Daher lädt sie auch Erzieher und Lehrer herzlich zu einem Gespräch ein.

Stabiles Umfeld wichtig

Die aktuelle Fachliteratur stelle fest, dass ein stabiles Umfeld und Zukunftsperspektiven die Widerstandsfähigkeit gegenüber den Schrecken der Vergangenheit, die sogenannte Resilienz, am besten stärken. Für das Gegenüber gelte vor allem, dass es Flüchtlinge niemals zu einem Gespräch drängen dürfe. Doch das sind natürlich nur zwei kleine Punkte aus einem komplexen Themenfeld, in das Becker-Ubbelohde sich während ihrer Zeit als Pastorin und zuletzt bei ihrer Arbeit mit Flüchtlingen im  Stephansstift Clausthal-Zellerfeld einarbeitete und in dem sie sich nun auf Kirchenkreisebene einbringen möchte.
Der Auslöser dazu war ein Zeitungsartikel über die Schaffung der Stelle für Flüchtlingssozialarbeit, erzählt sie, auf den hin sie sich an Dana Pruss wandte und beide gemeinsam Pläne schmiedeten. Pruss ist in ihrer Arbeit hauptsächlich mit Beratungen – meist in Einzelgesprächen – befasst und unterstützt viele bereits bestehende, oft ehrenamtlich aufgebaute Projekte.
Mit dem gemeinsamen Projekt „Hilfe beim ankommen – Miteinander leben“ bereichern Pruss und Becker-Ubbelohde die Angebote zur Integrationsarbeit in einem vielschichtigen Bereich, der großes Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl erfordert. Die Seminare und Gesprächsrunden sind daher nur ein Baustein, viele andere ergeben sich vermutlich aus individuellen Bedürfnissen.
Weitere Informationen gibt es bei Dana Pruss, Telefon 05522 / 901919, E-Mail  dana.pruss@evlka.de, Büro: Schlossplatz 3a in Osterode.