Wie Gemeinden aus MV mit der 3G-Regel kämpfen

In Mecklenburg-Vorpommern dürfen nur noch Geimpfte, Genesene oder Getestete in die Gottesdienste. Nicht leicht, finden Pastoren aus den Gemeinden. Ein Rundruf.

In Gottesdiensten in MV gilt jetzt die 3G-Regel
In Gottesdiensten in MV gilt jetzt die 3G-RegelMatthias Rietschel / epd

Greifswald/Anklam/Wustrow. Mitten hinein in den Adventsbeginn platzte sie: die neue Corona-Landesverordnung von MV. Nur geimpfte, genesene oder getestete Personen dürfen jetzt noch im Gottesdienst sitzen, mit Maske und zwei Metern Abstand beim Singen. 3G also auch bei religiösen Zusammenkünften, anders als noch im Vorjahr.

„Ein treues Gemeindemitglied ist weinend wieder nach Hause gegangen, weil es ungeimpft ist und damit nicht in den Gottesdienst gelassen werden konnte“, erzählte Pastorin Katharina Gladisch. Die neue Regelung hatte sich offenbar nicht überall rechtzeitig herum­gesprochen. „Wir saßen mit nur 15 Menschen im Adventsgottesdienst“, erzählt Gladisch zudem. „Das ist so deprimierend.“

Druck auf Ungeimpfte erhöht

Die Greifswalder Johannesgemeinde hatte am Eingang Tische mit Covid-Tests aufgestellt, um niemanden wegschicken zu müssen. Mehr als sechs Ungeimpfte nutzten das Angebot, vor Ort einen Schnelltest zu machen. Glücklich mit 3G ist Gemeindepastor Torsten Kiefer trotzdem nicht. „Sicher sind die Regeln irgendwie nötig“, sagt er. Doch sie erhöhten den Druck auf die Ungeimpften. „Das finde ich unangenehm.“ Nur 2G oder 2Gplus wäre noch schlimmer, meint er: „Damit müssten wir ja definitiv Menschen ausgrenzen. Das wünschen wir uns als Gemeinde nicht.“

Von den Pressesprechern der Kirchenkreise im Sprengel heißt es: Die 3G-Regel ermögliche „weiterhin die freie Religionsausübung bei gleichzeitiger Unterstützung der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie“. Sie stelle die 371 Gemeinden aber vor große Herausforderungen.


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Die Wustrower Pastorin Christiane Gramowski kann das nur bestätigen. So kurzfristig seien die Regeln gekommen, dass sie kaum habe reagieren können. „Zum Glück kamen nur Geimpfte“, sagt sie. „Aber was, wenn Ungeimpfte ohne Test kommen?“ Kostenlose Tests könne ihre Gemeinde nicht anbieten, „ich wüsste gar nicht, wo wir die herkriegen sollten“. Im Zweifel sei für sie klar: „Ungeimpfte ohne Test schicken wir weg, das müssen wir auch.“ Persönlich habe sie ohnehin kein Verständnis mehr für Ungeimpfte. „Mein Mann kommt morgen mit vier Bypässen nach Hause.“ Mehrmals sei er morgens für die OP vorbereitet worden, mehrmals sei der Eingriff verschoben worden, weil nicht genügend Intensivbetten für alle Schwerstkranken frei waren. Der Grund seien die Ungeimpften.

Allerdings: Zwischen ihrer persönlichen Meinung und der als Pastorin unterscheide sie schon, sagt Christiane Gramowksi. „Wir haben auch im Kirchengemeinderat Mitglieder, die nicht geimpft sind.“

Weniger Besucher als sonst

Die neue Regelung baue eine Schwelle vor der Kirche auf, meint die Anklamer Pastorin Ulrike Weber. „Seit jeher war die Kirche Zufluchtsort für alle. Jetzt sind wir gezwungen zu gucken: Wer darf rein, wer nicht?“ Mit Tests sei es aber immerhin noch für jeden möglich zu kommen. Die Besucherzahl am Sonntag sei trotzdem kleiner gewesen als sonst.

Anders in Blankenhagen, wo Pastor Stefan Haack mit einer schwungvollen Extra-Mail zum musikalischen Gottesdienst im Freien eingeladen hatte. „Gott ist da, auch jetzt“, schrieb er vorab. Es sei wichtig, zusammenzustehen und sich nicht aus Angst völlig einzuigeln. 60 bis 70 Leute kamen. „Tolle Musik, ein guter Geist“, erzählte er nachher. „Die kalten Füße merkt man gar nicht, wenn es einem warm ums Herz wird.“