Sie gilt als eines der wichtigsten sozialpolitischen Vorhaben der Ampelregierung: die Kindergrundsicherung. Lange gab es Streit über die Finanzierung, bis sich die Ampelkoalition im September auf einen Gesetzentwurf verständigte. Die Kritik an der geplanten Umsetzung hält jedoch an. Am Donnerstag findet im Bundestag die Erste Lesung des Gesetzentwurfs statt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet einige Fragen rund um die Kindergrundsicherung.
Aktuell leben laut Untersuchungen etwa 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland von staatlichen Leistungen zur Existenzsicherung, davon 1,6 Millionen trotz Erwerbstätigkeit der Eltern. Das betrifft rund jedes fünfte Kind.
Die Kindergrundsicherung soll aus zwei Komponenten bestehen: einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag und einem nach Alter der Kinder und Einkommen der Eltern gestaffelten Zusatzbetrag. Der Garantiebetrag ersetzt das bisherige Kindergeld von derzeit monatlich 250 Euro pro Kind. Einkommensschwache Familien erhalten einen Zusatzbetrag, in dem bisherige sozialpolitische Leistungen wie der Kinderzuschlag oder Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder gebündelt werden. Ziel ist es, dass berechtigte Familien einfacher die ihnen zustehenden Leistungen erhalten. Sie sollen in einem Online-Portal übersichtlich berechnet und digital beantragt werden können.
Die Ampel zeigte sich uneins über die finanzielle Ausgestaltung der Grundsicherung. Paus hatte für die Einführung zunächst 12 Milliarden Euro veranschlagt. Nach ihren Angaben würden durch das neue Konzept viel mehr Familien mit geringem Einkommen den Kinderzuschlag erhalten, der künftig in der Kindergrundsicherung enthalten sein soll.
Derzeit erhalten diese Leistung laut Ministerium nur ein Drittel der Anspruchsberechtigten – sei es, weil die Leistung nicht bekannt ist oder weil das Beantragen bisher sehr bürokratisch ist und verschiedene Ämter zuständig sind. Bereits im April erteilte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den geforderten 12 Milliarden Euro eine Absage und nannte stattdessen zunächst 2 Milliarden.
Für die Kindergrundsicherung hat sich die Ampel-Koalition ab 2025 auf einen Mehrkosten-Betrag von 2,4 Milliarden Euro im ersten Jahr verständigt. In den kommenden Jahren seien Anpassungen durch die allgemeine Preisentwicklung und die Neuberechnung des Existenzminimums zu erwarten, hieß es. Zudem geht die Bundesregierung davon aus, dass durch die vereinfachten Verfahren mehr Berechtigte als bisher die Leistungen beantragen können. Berufstätige Alleinerziehende sollen durch eine geringere Anrechnung von Unterhaltszahlungen auf das Einkommen bessergestellt werden als bisher.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hält am Zeitplan fest, die Kindergrundsicherung im Januar 2025 zu starten. Nach einem parlamentarischen Verfahren, muss der Bundesrat noch über das Gesetz entscheiden. Die Voraussetzungen für die Umsetzung soll die Bundesagentur für Arbeit schaffen. Für die Auszahlung der Kindergrundsicherung soll dann ein Familienservicezentrum zuständig sein.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) schließt ein Inkrafttreten der geplanten Kindergrundsicherung zum 1. Januar 2025 aus. In einer Stellungnahme für eine Anhörung im Bundestag am Montag schlägt sie stattdessen eine schrittweise Einführung ab dem 1. Juli 2025 vor, wie die “Rheinische Post “(Donnerstag) berichtet. Die BA begründet das damit, dass aufgrund der vielen organisatorischen und inhaltlichen Fragen, die es noch gebe, sowie der umfangreichen erforderlichen IT-Anpassungen.
Viele Verbände kritisierten den Entwurf. Der angesetzte Betrag sei viel zu niedrig und die gefundenen Eckpunkte beinhalteten zu viele Abstriche an den ursprünglichen Plänen, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, bemängelten Sozialverbände. Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) übte Kritik. Mit “derart geringen Mitteln” könne man keine große Sozialreform gestalten. Paus räumte ein, dass sie “noch größere Schritte für notwendig” erachte.