Er ist eine Art Türsteher – und doch viel mehr: Maximilian Walbröhl sorgt als Kölner Domschweizer für Ordnung in der vielbesuchten Kathedrale am Rhein. Mit einem Typ Mensch führt er immer wieder Diskussionen.
Personen mit einem Kaffeebecher in der Hand? Oder eine Gruppe beim Junggesellenabschied mit Bollerwagen und Kiste Bier? Die lässt Maximilian Walbröhl nicht rein. Auch Menschen mit einem Hund haben bei ihm keine Chance. Der immer wieder zu hörende Hinweis, dass die Vierbeiner doch auch Geschöpfe Gottes seien, beeindruckt den Mann in dem roten Talar nicht. Seine Antwort lautet dann etwa so: “Wenn er ein Vaterunser bellen kann, dann darf er hinein.” Aber die allermeisten Menschen heißt er mit einem Lächeln im Gesicht willkommen.
Tag für Tag erlebt der Kölner Dom einen nicht abreißenden Besucherstrom – gerade auch in der Ferienzeit. Zwischen sechs und sieben Millionen Gäste drängen Jahr für Jahr durch das Hauptportal – manchmal bis zu 30.000 an einem Tag. Dass alles in geordneten Bahnen verläuft, dafür sorgen Walbröhl und rund weitere 30 Domschweizer und – seit einigen Jahren – auch Domschweizerinnen. Er ist mit seinen 22 Jahren nicht nur der jüngste in der Truppe, sondern mit 2,03 Meter Körpergröße auch der längste.
Das verschafft ihm einen gewissen natürlichen Respekt und ist auch sonst “schon mal von Vorteil”. Hat ein männlicher Besucher beim Rundgang durch die Kathedrale seine Mütze anbehalten, sehe er das auf 100 Meter Entfernung. Dann folgt die freundliche Bitte, aus Respekt in dem Haus Gottes die Kopfbedeckung abzusetzen. Immer wieder muss Walbröhl gegen einen Verstoß der Hausordnung vorgehen, der erst in modernen Zeiten Einzug gehalten hat: die Handy-Telefonie. Manch einer ist so ins Gespräch vertieft, dass es schwer ist, ihn herauszuholen.
Walbröhl studiert Maschinenbau und bessert sich seit zweieinhalb Jahren am Dom sein Einkommen auf. “Für mich ist das der coolste Studentenjob, den man haben kann.” Es komme aber auch sehr auf Fingerspitzengefühl an. Ein Mann mit einer Narbe auf dem Kopf – in einem solchen Fall lassen die Ordnungshüter den Hut ausnahmsweise zu. Auch religiöse Bekleidung wie eine Kippa ist erlaubt.
Längst geht es bei der Arbeit der Domschweizer aber nicht mehr nur um gutes Benehmen. Spätestens seit der Terrorwarnung zum Jahreswechsel 2023/24 steht bei ihnen das Thema Sicherheit stark im Fokus. “Als ich damals die Türen aufgeschlossen habe, hatte ich ein mulmiges Gefühl”, blickt Walbröhl zurück. Dennoch dominiert in seinem Alltag nicht die Angst – etwa vor einem Messerangriff. “An eine solche Gefahr denke ich nicht dauernd.”
“Die schwierigste Situation, die wir Domschweizer und -schweizerinnen zu bewältigen haben, ist die am Einlass”, berichtet Walbröhl. Da komme es darauf an, in Sekundenschnelle jeden Besucher einzuschätzen. Um das Risiko zu minimieren, hat das Domkapitel eine Maßnahme getroffen, die auch im Petersdom in Rom praktiziert wird: Größere Gepäckstücke dürfen nicht mit hineingenommen und können bei einer Aufbewahrung abgegeben werden. Vor dem Hauptportal steht eine Box: 40 Zentimeter hoch, 35 breit und 15 tief. Nur Taschen, die da hineinpassen, dürfen mitgeführt werden.
Nur selten erlebt Walbröhl, dass sich Menschen nicht an seine Anweisungen halten oder ausfallend werden. Kürzlich hat er eine Sachkundeprüfung abgelegt, wie sie in der Gewerbeordnung für Sicherheitspersonal vorgesehen ist. Ein Thema: Menschen richtig ansprechen und bei Konflikten möglichst deeskalieren. Im Extremfall, wenn gutes Zureden nicht mehr hilft, wird die Polizei gerufen. “Das sind die Fachleute dafür.”
In dem Besucherstrom versuchen sich auch geführte Gruppen zu behaupten, neben den angemeldeten manchmal auch unangemeldete. “Da gehen wir dazwischen”, so Walbröhl. Denn die stünden oft an den falschen Stellen und seien – ohne Headset – zu laut. Gerade mit Lehrern komme es immer wieder zu unangenehmen Diskussionen. Wer von ihnen Religion, Kunst oder Geschichte unterrichtet, kann eigentlich eine Lizenz für selbstständige Führungen erhalten. Dennoch startet mancher Pädagoge eine wilde Besichtigungstour. Zu hören bekomme er dann Sätze wie “Ich habe einen Lehrauftrag.” Die Antwort des Domschweizers fällt dann ebenso resolut aus: “Und ich habe den Auftrag, die Hausordnung umzusetzen.”