Wie ein Katholik das Luther-Gedenken geprägt hat

Als Katholik fünf der bedeutendsten Reformationsmuseen in Deutschland leiten? Für Stefan Rhein, einen „ökumenischen Christen“, war das kein Problem. Nach 25 Jahren geht er jetzt in den Ruhestand.

Stefan Rhein mit einer Büste von Martin Luther als Junker Jörg
Stefan Rhein mit einer Büste von Martin Luther als Junker JörgImago / epd

Stefan Rhein geht. Über 25 Jahre hat er als Direktor der Luther-Museen in Sachsen-Anhalt das Reformationsgedenken in Deutschland entscheidend mitgeprägt – und das als Katholik. Nun wird er in Wittenberg in den Ruhestand verabschiedet.

Als Rhein am 1. Januar 1998 als Leiter der Stiftung Luthergedenkstätten antrat, löste seine Konfession bei manchem Protestanten noch Stirnrunzeln aus. Doch schnell stellte der gebürtige Schwabe unter Beweis, dass er alles andere als ein kirchenpolitischer Grabenkämpfer ist. „Ich verstehe mich als ein ökumenischer Christ mit katholischen Wurzeln“, betont er.

Im protestantischen Rom

Schon bevor Rhein nach Wittenberg, sozusagen ins protestantische Rom, kam, hatte er sich als Experte für die Literatur der frühneuzeitlichen Humanisten einen Namen gemacht. Nach einem Studium der Philosophie sowie der lateinischen und der griechischen Sprache promovierte er über die griechischen Gedichte Philipp Melanchthons (1497-1560), Luthers vielseitig begabten Mit-Reformator. Erste Sporen als Ausstellungsmacher erwarb Rhein sich dann am Melanchthonhaus im badischen Bretten.

Von dort bewarb er sich auf die Wittenberger Direktorenstelle. Im Auswahlverfahren war er der einzige Katholik „unter protestantischen Theologen“. Seine Kombination aus wissenschaftlichem Renommee und Managementerfahrung war wohl entscheidend dafür, dass er den Zuschlag erhielt. „Und die Fürsprache von Sachsen-Anhalts damaligem Ministerpräsidenten Reinhard Höppner“, vermutet Rhein.

Im Februar 2003 zeigt Stefan Rhein stolz ein Gemälde Luthers
Im Februar 2003 zeigt Stefan Rhein stolz ein Gemälde LuthersImago

Seine vielen Talente waren auch in Wittenberg gefragt. In der damals sogenannten Lutherhalle stand im wesentlichen noch die Ausstellung von 1983. Zu Zeiten der DDR wurde sie zum 500. Geburtstag Luthers konzipiert. Rhein entschlackte sie von ideologischen Einflüssen und „einer Überfülle an Exponaten“. Zudem brachte er sie multimedial auf den damals aktuellen Stand.

Auch als Bauherr musste sich Rhein in Wittenberg beweisen. Vieles am Lutherhaus war sanierungsbedürftig. „Mit Architekten und Handwerkern zu verhandeln, habe ich training-on-the-job gelernt.“ So bereitete er das Lutherhaus baulich auf den Ansturm des Reformations-Gedenkjahres von 2017 vor.

Auch die Bau- und Sanierungsprojekte in Luthers Mansfelder Elternhaus sowie seinem Geburts- und Sterbehaus in Eisleben nahmen den Literaturwissenschaftler mehr in Anspruch, als er bei seinem Amtsantritt wohl vorausgesehen hatte. Das Land Sachsen-Anhalt dankte es ihm im vergangenen Jahr mit seinem Architekturpreis, der erstmals an eine Person vergeben wurde.

Aus allen Gremien zurückgezogen

Mit dem Eintritt in den Ruhestand zieht Rhein sich nun aus allen Gremien der Luther-Museen zurück. „Das ist eine Frage des Anstands“, erklärt er. Sein Nachfolger Thomas T. Müller (48), wie er ein ausgewiesener Reformationsforscher, soll dadurch mit Blick auf die neue Dauerausstellung im Wittenberger Lutherhaus sowie die Ausstellungen der Luther-Museen in Eisleben und Mansfeld zum 500-Jahr-Gedenken des Bauernkrieges von 1525 freie Hand erhalten.

Seine Hände möchte Rhein nun aber nicht in den Schoß legen. So will er wieder verstärkt wissenschaftlich arbeiten und zeitweise in Mainz zur humanistischen Literatur des 15. bis 17. Jahrhunderts forschen. Auch wohnt Rhein weiterhin in Wittenberg und will sich dort ehrenamtlich in der Bildungsarbeit engagieren. Seinem Nachfolger, bislang Direktor der Mühlhäuser Museen und Präsident des Museumsverbandes Thüringen, wünscht er „Hartnäckigkeit und Leidenschaft“ in seiner neuen Aufgabe. „Fünf Museen zu leiten, das ist schon eine anspruchsvolle Aufgabe“.