Westfälische Kirche: Respekt für Kurschus‘ Rücktrittsentscheidung

„Wir verlieren mit Annette Kurschus eine brillante Theologin“: Die westfälische Kirche und der Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein haben Respekt für den Rücktritt der bisherigen Präses bekundet.

Annette Kurschus verkündete ihren Rücktritt mit ernster Miene im Bielefelder Landeskirchenamt
Annette Kurschus verkündete ihren Rücktritt mit ernster Miene im Bielefelder Landeskirchenamtepd-bild / Detlef Heese

Die westfälische Kirche und der Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein haben Respekt für den Rücktritt der bisherigen Präses und EKD-Ratsvorsitzenden Annette Kurschus bekundet und weitere Aufklärung angekündigt. Er respektiere die Entscheidung und halte sie für richtig, erklärte der Theologische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ulf Schlüter, in Bielefeld. In leitender Position als westfälische Präses sowie als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sei es unumgänglich, mit uneingeschränkter öffentlicher Reputation zu agieren. Das sei Kurschus in der gegenwärtigen Situation nicht mehr möglich gewesen.

„Wir verlieren mit Annette Kurschus eine brillante Theologin und Predigerin im Präsesamt“, sagte Schlüter. Der Theologische Vizepräsident wird der viertgrößten Landeskirche zunächst kommissarisch vorstehen und auch die Landessynode leiten, die am Freitag in Bielefeld zu zweitägigen Beratungen zusammentritt.

Siegener Superintendent Stuberg kündigt eine „lückenlose“ Aufklärung an

Der Siegener Superintendent Peter-Thomas Stuberg kündigte eine „lückenlose“ Aufklärung der Missbrauchsvorwürfe an. Es solle eine unabhängige Aufklärungskommission eingesetzt werden. Die Entscheidung von Kurschus, aus beiden Leitungsämtern zurückzutreten, habe man „mit großem Respekt“ aufgenommen. Die Situation sei insbesondere für den Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein „sehr belastend“.

Kurschus, die früher Pfarrerin und Superintendentin in Siegen war, hatte am Montag ihren Rücktritt erklärt. Auch wenn sie mit sich selbst im Reinen sei, habe das öffentliche Vertrauen in ihre Amtsführung Schaden genommen und sie könne ihren Dienst nicht wirksam tun, wenn ihre Aufrichtigkeit angezweifelt werde. Hintergrund sind staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen mutmaßlichen Missbrauchs im Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein gegen einen ehemaligen Kirchenmitarbeiter, den Kurschus aus ihrer Siegener Zeit kennt. Der Beschuldigte soll über Jahre hinweg junge Männer sexuell bedrängt haben.

Man nehme die Schilderungen von Betroffenen sehr ernst, sagte Stuberg. Der Kirchenkreis hatten nach seinen Angaben die Ermittlungsbehörden sofort eingeschaltet, nachdem ihm erste Verdachtsmomente gegen den ehemaligen Mitarbeiter gemeldet wurden. Seitdem sei die Staatsanwaltschaft Siegen „Herrin des Verfahrens“. Stuberg würdigte Kurschus als „sehr wertgeschätzte Seelsorgerin, Pfarrerin und Ausnahmepredigerin mit großer Orientierungskraft“. Viele Menschen in der Region Siegen-Wittgenstein empfänden eine besondere Verbundenheit mit der 60-jährigen Theologin.