Werden Fußballtrikots fair produziert?

Die Fußball-EM in Deutschland soll das “bisher nachhaltigste Turnier” sein. Gleichzeitig ist das Billig-Versandhaus Aliexpress Sponsor. Das Beispiel der Spielertrikots zeigt: Es bleiben noch viele Fragen offen.

Noch vor der Fußball-EM 2024 stand für UEFA und DFB bereits eine Gewinnerin fest: Die Nachhaltigkeit. Das Turnier werde neue Maßstäbe bei Sportgroßveranstaltungen setzen – “sozial, ökologisch und auch ökonomisch”, zeigten sich der europäische wie der deutsche Fußballverband überzeugt. Auch die Deutsche Fußballliga (DFL), Schirmorganisation der deutschen Profiligen, knüpft eine Nachhaltigkeitsrichtlinie an die Spiellizenzen der Clubs – etwa mit Blick auf fair gehandelte Produkte. Aber wie steht es tatsächlich um die Fairness, wenn etwa das Billig-Versandhaus Aliexpress zu den Geldgebern der EM gehört? Das Beispiel der Spielertrikots zeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit auseinandergehen.

Trikots haben hohen Symbolcharakter: Sie sind das Wappenschild einer Mannschaft. Aus Fair-Trade-Sicht aber können sie auch Sinnbilder einer ausbeuterischen Textilindustrie sein. Wie fair läuft die Herstellung der Shirts ab?

DFB-Ausstatter Adidas erklärt auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), das Unternehmen achte seit 25 Jahren auf faire und sichere Produktion. “Beschäftigte in der Adidas-Lieferkette gehören zu den bestbezahlten der Branche.” Zugleich stand die Firma aber in eben diesen 25 Jahren auch in der Kritik.

Ein Beispiel: 2021 warfen Aktivisten dem Sportausstatter vor, während der Corona-Pandemie Lohndiebstahl an asiatischen Arbeitern betrieben zu haben. Die Vorwürfe wurden 2024 von einem kambodschanischen Gewerkschaftsführer wiederholt. Im Raum standen laut Medienberichten nicht gezahlte Löhne von 30.000 Adidas-Arbeitern von rund 11,7 Millionen Euro. Das Unternehmen wies die Anschuldigungen entschieden von sich.

Inwieweit der DFB selbst besonderen Wert auf faire Produktion legt, ließ der Verband unbeantwortet. Ebenso die Frage, ob es für die Zukunft besondere Fairness-Strategien gebe. Es steht ein Ausstatter-Wechsel von Adidas zu Nike bevor. Der neue Partner steht indes genauso in der Kritik wie der alte.

Mit Blick auf die einzelnen deutschen Vereine erklärt die DFL, die Proficlubs seien verpflichtet, ihre Lieferketten “kritisch zu beleuchten”. Außerdem verweist der Verband auf die Nachhaltigkeitsinitiative “Vom Feld in den Fanshop”, der einige Proficlubs angehörten. Eine Anfrage der KNA unter allen Erstligaclubs der vergangenen Saison, wie das im Alltag praktiziert wird, beantworten die meisten Vereine jedoch nicht.

Vizemeister VfB Stuttgart gibt aber Auskunft. Laut einem Sprecher gehört der VfB zu den Vereinen, die sich der Initiative “Vom Feld in den Fanshop” angeschlossen haben. Zudem sei der VfB-Textillieferant Träger des Bundes-Siegels “Grüner Knopf” für nachhaltige Textilien. Sportkleidung mit ähnlichen Siegeln nutzen nach eigenen Angaben auch der VfL Bochum und der SC Freiburg.

Schon längere Erfahrungen in Sachen Fairtrade hat der Hamburger FC Sankt Pauli, der in der nächsten Saison in der Bundesliga spielt. Ein Vereinssprecher erklärt: “Seit mehr als 15 Jahren achtet der FCSP auf faire Produktionsbedingungen. Nach einem entsprechenden Mitgliederantrag im Jahr 2016 hat der Verein dann sein Sortiment Stück für Stück umgestellt.” Sankt Pauli ist offiziell Partner der “Fair Wear Foundation” für faire Textilproduktion.

Obwohl sich alle Vereine und Verbände für mehr Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung aussprechen, teilen die meisten nicht mit, wie sie ihre Selbstverpflichtungen und Vorgaben konkret einhalten. So bleibt offen, wie fair die Trikots wirklich sind.