Wenn die Kirche Post verschickt

Etwa 120.000 Briefe hat der Kirchenkreis Mecklenburg versendet – an alle Haushalte mit mindestens einem Kirchenmitglied. Jetzt haben die Verantwortlichen die Aktion ausgewertet.

Die Kirchenmitglieder in Mecklenburg haben Post bekommen
Die Kirchenmitglieder in Mecklenburg haben Post bekommenTilman Baier

Schwerin. Briefe vom Förderverein mit der Bitte um Spenden oder von der Gemeinde mit der Bitte um Kirchgeld sind Gemeindemitgliedern vertraut. Aber ein Brief von der Kirche ohne Bitte um Geld, ohne Erwartungen, dafür mit Aufmerksamkeit und Wertschätzung und Impulsen zum Nachdenken – das kam im November überraschend. Allen mecklenburgischen Haushalten, in denen jemand Mitglied der Nordkirche ist, hatte der Kirchenkreis so einen Brief geschickt.

„Die Kirchenpost möchte möglichst persönlich ausdrücken, dass wir uns freuen, dass die Menschen Mitglied der evangelischen Kirche sind, und zugleich vermitteln, welche Relevanz evangelische Überzeugungen für den persönlichen Alltag haben können“, sagte Pressesprecher Christian Meyer bei der Auswertung der Aktion vor dem Kirchenkreisrat. Viele Gemeinden versuchten ohnehin, Kontakt zu ihren Mitgliedern zu halten. Aber das gelinge nur punktuell, nicht flächendeckend. Diesen Eindruck hätten die Pastoren in allen Konventen und die Regionalpastoren bestätigt, als ihnen das Projekt Kirchenpost vorgestellt worden war. Insgesamt hätten sie die Initiative daher sehr begrüßt.

Langfristige Umwälzungen

Aus Sicht des Kirchenkreises sind vor allem langfristige Umwälzungen in der Gesellschaft ein Argument für die Aktion. „Durch den Trend zur Individualisierung schwindet die Bindungskraft zu Organisationen und Institutionen“, erklärt Meyer. „Zudem lässt die Wahrnehmung der Relevanz einer Kirchenmitgliedschaft nach. Das heißt: Wir verlieren die Menschen, die wir nicht als Mitglied pflegen, sondern deren Mitgliedschaft wir einfach voraussetzen.“

Die Kirchenpost sei ein Baustein, um neu in Kontakt zu kommen – vor allem mit Menschen, die kirchliche Angebote selten bis nie in Anspruch nehmen, mit ihrer Kirchensteuer aber mit finanzieren, wie Meyer sagt. Mit diesem Modell gäbe es bereits sehr gute Erfahrungen in der Partnerkirche in Bayern. Schon bevor die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) 2019 die Studie „Kirche im Umbruch – Projektion 2060“ veröffentlichte, in der ein drastischer Rückgang der Gemeindegliederzahlen prognostiziert wird, hatte seit 2018 eine Arbeitsgruppe gemeinsam mit dem Amt für Öffentlichkeitsdienst der Nordkirche über das Thema Mitgliederbindung und Mitgliederkommunikation beraten.

Auch kritische Anmerkungen

Aus der Nordkirche nahmen die Kirchenkreise Ostholstein, Mecklenburg und Pommern an der Planung und Vorbereitung teil, der pommersche Kirchenkreis sei kurz vor Versenden der Kirchenpost aufgrund der Kosten ausgestiegen, so Meyer.

Rund 120.000 Haushalte wurden in Mecklenburg angeschrieben. 200 Rückmeldungen kamen, „zumeist mit kritischen Anmerkungen, aber auch viel positiver Resonanz“, berichtet Pressesprecher Meyer. Etwa 30 Angeschriebene bestellten die Kirchenpost ab. Die geringen negativen Reaktionen zeigten, dass die Aktion „überwiegend äußerst positiv aufgenommen und als gute Idee empfunden wurde“, heißt es aus dem Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit des Kirchenkreisrates. Allerdings ist nicht bekannt, wie viele Menschen den Brief für Werbung hielten und ungelesen in den Papierkorb warfen.

Zweite Post in Planung

Zwischen Ostern und Himmelfahrt soll es die zweite Kirchenpost geben. In Zeiten von Lockdown und schwierigen persönlichen Begegnungen gewinne die Aktion noch mal an Bedeutung, so Meyer. Pro Brief zahlte der Kirchenkreis 55 Cent – insgesamt 65.000 Euro.