Weniger Kirchenaustritte als befürchtet

Die Kirchen im Norden haben auch 2020 viele Mitglieder verloren – allerdings weniger als angenommen. Hier kommt unser Überblick über die Landeskirchen im Norden.

Der Kirche laufen die Mitglieder weg
Der Kirche laufen die Mitglieder wegJos Didier / Pixabay

Aus der Nordkirche sind 2020 insgesamt 26.524 Mitglieder ausgetreten. Das waren 20,4 Prozent weniger Austritte als 2019 mit 33.336. Dennoch verlor die Nordkirche insgesamt 2,42 Prozent ihrer Mitglieder, weil mehr Menschen starben als getauft wurden. Im Corona-Jahr 2020 ist die Zahl der Taufen um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Zum 31. Dezember 2020 lag die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder im Norden bei 1.892.749. Bundesweit sank sie von rund 20,7 in 2019 auf 20,2 Millionen.

Die Nordkirche reagiere bereits auf die rückläufige Entwicklung, sagte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt und verwies auf einen 2019 angestoßenen Zukunftsprozess: „Die Erfahrung, auch in schwierigen Situationen von Gottes Geist geleitet und inspiriert zu werden, prägt unsere Identität als evangelische Kirche.“ Mit ihrem Zukunftsprozess „HorizonteHoch5“ reagiere die Nordkirche bereits auf die Veränderungen der Kirche, die durch die Corona-Pandemie eine besondere Dynamik erfahren haben.

Insgesamt sind laut Statistik aktuell 29,7 Prozent der Gesamtbevölkerung in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern Mitglied der Nordkirche. 2020 standen 26.524 Austritte (2019: 33.336) 2.046 Aufnahmen inklusive Wiedereintritten (2019: 2.894) gegenüber.

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-SchmidtMarcelo Hernandez / Nordkirche

Die hannoversche Landeskirche, die drei Viertel Niedersachsens umfasst, hat durch Austritte und Todesfälle insgesamt 55.300 Mitglieder verloren. Mit nun 2,42 Millionen Mitgliedern bleibt sie aber die größte evangelische Landeskirche in Deutschland, knapp vor der rheinischen Kirche.

Die Zahl der Austritte ging im vergangenen Jahr zurück: von rund 30.400 im Jahr 2019 auf rund 26.500. „Das ist aber keine Entwarnung“, betonte die Präsidentin des Landeskirchenamtes in Hannover, Stephanie Springer. Denn Standesämter und Verwaltungen seien wegen Corona zeitweise geschlossen gewesen. Auch die Zahl der Eintritte sank: 2020 wurden rund 2.300 Menschen in die Kirche aufgenommen, im Jahr davor waren es noch 3.400. Die Zahl der verstorbenen Gemeindemitglieder blieb mit rund 41.400 nahezu gleich.

„Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 unser Zusammenleben in fast allen Bereichen grundlegend verändert, das gilt auch für das kirchliche Leben“, sagte Springer. So habe sich die Anzahl der Taufen fast halbiert: Vor zwei Jahren gab es zwischen Göttingen und der Nordsee noch etwa 20.100 landeskirchliche Taufen, im Jahr darauf nur noch rund 10.400. Nur 922 Paare ließen sich kirchlich trauen gegenüber 5.215 Paaren im Vorjahr. Die Zahl der Konfirmationen sank um 23 Prozent von etwa 22.000 auf rund 16.000. „Verständlicherweise haben viele Menschen diese Feste, die wir gerne mit Familie und Freundinnen und Freunden feiern, verschoben“, sagte der Theologische Vizepräsident des Landeskirchenamtes, Ralph Charbonnier.

Ralph Charbonnier
Ralph CharbonnierJens Schulze / epd

Der evangelischen Kirche in Oldenburg gehörten zum Stichtag am 31. Dezember des vergangenen Jahres 390.072 Menschen an, wie die Kirchensprecher Dirk-Michael Grötzsch mitteilte. Bischof Thomas Adomeit sagte, die statistischen Angaben des Jahres 2020 seien wegen der Pandemie mit großer Vorsicht anzusehen. Aus seiner Sicht sei derzeit kein genereller Trend abzulesen. Dennoch sei festzustellen, dass viele Menschen aus der oldenburgischen Kirche ausgetreten sind.

„Jeder Austritt, jeder Mensch, der sich abwendet, ist für mich schmerzhaft, ist ein Verlust für unsere Kirche“, unterstrich der Bischof. „Wir versuchen gegenzusteuern und hoffen, dass wir mit der gelingenden Arbeit vor Ort die Älteren und Jüngeren erreichen werden. Die Erfahrungen und die neuen Ideen, die während der Pandemie gemacht wurden, werden in diese Herausforderung Eingang finden.“

Bischof Thomas Adomeit
Bischof Thomas AdomeitJens Schulze / epd

Die braunschweigische Landeskirche hat zwischen 2019 und 2020 knapp drei Prozent ihrer Mitglieder verloren. Die Zahlen gingen von 320.900 auf 311.518 zurück, wie Sina Sosniak aus dem Referat für Kommunikation und Medien der Kirche am Mittwoch mitteilte. Im Vergleich zu 2015 sanken sie um etwas mehr als zehn Prozent. Im Gebiet der Landeskirche gehörte damit Ende 2020 den Angaben zufolge noch rund ein Drittel der Bevölkerung der evangelisch-lutherischen Kirche an.

Auch die Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe verliert weiter Mitglieder. Die Kirche an der Grenze von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verlor im vergangenen Jahr rund tausend Mitglieder, wie Kirchensprecher Ulrich Hinz am Mittwoch in Bückeburg mitteilte. Das entspricht, ähnlich wie in benachbarten Landeskirchen, einem Rückgang von 2,2 Prozent. Ende 2020 lag die Mitgliederzahl bei 48.171.

Die Evangelisch-reformierte Kirche meldet dagegen weniger Austritte. Die Kirche habe im Jahr 2020 insgesamt 3.135 Mitglieder verloren und zähle nun 165.400 Menschen in den 143 Kirchengemeinden zwischen der Nordsee und dem Allgäu. Im Jahr 2019 hatte die reformierte Kirche laut ihrer Statistik 2.452 Mitglieder verloren. (epd)