Welttoilettentag wirbt für eine klobalisierte Welt

Es ist ein anrüchiges Thema: Der Welttoilettentag macht jedes Jahr am 19. November auf Missstände in der weltweiten sanitären Versorgung aufmerksam. Verseuchtes Wasser kostet tägliche Tausende Menschen das Leben.

Ob arm, ob reich – auf dem Klo sind wir alle gleich?! Leider stimmt das nicht. 3,5 Milliarden Menschen können keine hygienische oder sicher betriebene Toilette benutzen. Mehr als 400 Millionen davon müssen ihr Geschäft nach wie vor im Freien verrichten. Das hat Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Sicherheit, aber auch für Umwelt und Wasserqualität. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass unreines Wasser und fehlende Hygiene jeden Tag 1.000 Kinder unter fünf Jahren das Leben kostet.

Grund genug für die Vereinten Nationen, einen jährlichen “Welttoilettentag” am 19. November auszurufen. Schließlich soll nach den Nachhaltigkeits-Beschlüssen der Weltgemeinschaft von 2015 bis 2030 jedem Menschen eine angemessene Sanitärversorgung zur Verfügung stehen. Eine Mammutaufgabe, die durch die Corona-Pandemie noch einmal schwerer geworden ist. Laut dem im März veröffentlichen Weltwasserbericht werden die Ziele wohl verfehlt werden. Die Lage verschlechtere sich vor allem in den Städten, heißt es. Auch die weltweite Entwicklungshilfe für den Wassersektor sei seit 2015 um 15 Prozent zurückgegangenen.

Diesmal steht der Welttoilettentag unter dem Motto “Toilets – a place for Peace” (Toiletten – ein Ort für Frieden”. Die UN wollen darauf hinweisen, dass Kriege und Gewalt, aber auch Umweltkatastrophen und soziale Konflikte dazu beitragen, die sanitäre Situation der Menschen drastisch zu verschlechtern. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall sowie die Kinderrechtsorganisation Plan International verweisen zugleich darauf, wie wichtig eine funktionierende Infrastruktur bei Toiletten für die Rechte von Mädchen und Frauen ist.

“Eine gute Sanitärversorgung sichert den Menschen Privatsphäre und stellt vor allem für Mädchen und Frauen eine wichtige Grundvoraussetzung für Schule, Bildung und Arbeitsmöglichkeiten dar”, sagt Lisa Broß, Sprecherin der Bundesgeschäftsführung der Wasserwirtschaft. Die Sanitärversorgung sichere aber auch die knappe Ressource Wasser und trage damit wesentlich zur Vermeidung von Konflikten bei. Und Hannah Meuser von Plan International Deutschland betont, ein fehlender Zugang zu Toiletten und sanitären Anlagen könne sich negativ auf die Bildung von Kindern auswirken. “Das betrifft vor allem heranwachsende Mädchen. Viele von ihnen sind gezwungen, während ihrer Periode zuhause zu bleiben, weil in ihren Schulen geschützte Toiletten fehlen.”

Nach Angaben der UN werden weltweit 48 Prozent oder 171,3 Milliarden Kubikmeter Abwasser nicht gesammelt und nicht aufbereitet. Die Situation in Deutschland sieht deutlich besser aus, wie die Vereinigung für Wasserwirtschaft mitteilt. Der Anschlussgrad der Bevölkerung an die öffentliche Kanalisation liegt mittlerweile bei 97,3 Prozent, das Abwasser von 96,8 Prozent wird in zentralen Kläranlagen behandelt. Weitere 2,7 Prozent behandeln ihr Abwasser in Kleinkläranlagen.

Wie Sprecherin Broß weiter mitteilte, halten die deutschen Kläranlagen jährlich rund 315.000 Tonnen Stickstoff sowie knapp 50.000 Tonnen Phosphor zurück und schützen so Flüsse, Seen und Meere vor übermäßigem Wachstum von Algen und Wasserpflanzen.

Auch in den übrigen Industriestaaten sind fast alle Bewohner an Kanalisation und Abwasserbehandlung angeschlossen. Ein großes aktuelles Problem ist allerdings die Entfernung von Arzneimittelrückständen aus dem Abwasser. Die EU dringt bei der aktuellen Reform der Kommunalabwasserrichtlinie auf eine erweiterte Herstellerverantwortung und Nachrüstung von größeren Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe. Bis 2045 müssen alle Kläranlagen mit mehr als 150.000 Einwohnern darüber verfügen. Die Arzneimittelindustrie sowie Kosmetikhersteller sollen 80 Prozent der Kosten für Investition und Betrieb übernehmen – und damit auch einen Anreiz haben, ihre Produkte umwelt- und wasserfreundlich zu gestalten.

Probleme gibt es in Deutschland und Europa aber mit der Sanitärversorgung im öffentlichen Raum. Die erneuerte Kommunalabwasserrichtlinie fordert jetzt für alle Orte mit mehr als 10.000 Einwohnern einen kostenlosen und insbesondere für Frauen sicheren Zugang zu öffentlichen Sanitäreinrichtungen. In allen Orten mit 5.000 Einwohnern soll eine ausreichende Zahl von kostenlosen sanitären Einrichtungen in öffentlichen Gebäuden zur Verfügung stehen.