Welche Konsequenzen haben Punkte bei Gott?

Punkte in Flensburg dienen als Buße für Verkehrssünder. Sind es zu viele, führt das zum Entzug der Fahrerlaubnis. Und wie ist es mit den Sünden im Leben? Flensburgs Stadtpastor Johannes Ahrens über die Buße zwischen Menschen und vor Gott.

Stadtpastor Johannes Ahrens sieht im Buß- und Bettag die Gelegenheit für Entschuldigung und Vergebung.
Stadtpastor Johannes Ahrens sieht im Buß- und Bettag die Gelegenheit für Entschuldigung und Vergebung.epd/Kristina Larek

Von Kristina Larek

Flensburg. In Flensburg hat das Kraftfahrt-Bundesamt seinen Sitz. Daran fährt Flensburgs Stadtpastor Johannes Ahrens jeden Tag mit dem Fahrrad vorbei. Auch er hat schon mal Post von dort bekommen und auch den einen oder anderen Punkt gesammelt, "aber bisher zum Glück noch nicht so viele, dass ich den Führerschein hätte abgeben müssen."
Bei den Punkten in Flensburg werden Verkehrssünden mit festgelegten Bußgeldern geahndet. Durch das Bezahlen der Strafe büßen Raser, Rotfahrer und Falschparker für ihre Fehler. Nach zwei Jahren werden die Strafpunkte bestenfalls wieder gelöscht – oder, bei neuen Regelverstößen, wird der Führerschein einbehalten.

Führt Gott eine Art Sünderkartei und vergibt Strafpunkte?

Johannes Ahrens glaubt nicht daran. Für ihn ist Gott kein Aufpasser, der auf seiner Schulter sitzt und alles bewertet. Für ihn ist Gott eher eine Macht, die ihn darin bestärkt, Gutes zu tun – "kein globaler Dorfsheriff, der guckt, ob ich jetzt Mist baue oder ob alles in Ordnung ist". Ahrens sieht in Gott eben nicht den "Punktedealer", der die Schuldenkonten der Menschen verwaltet. Aber wie funktioniert es dann? Der Mensch begehe täglich Sünden, große und kleine, an seinen Mitmenschen, dem Staat oder eben seinem Glauben, so Ahrens. Der Ausgangspunkt für Buße sei es, sich einzugestehen, dass eine Handlung nicht gut war und dass es einem leidtut, glaubt er.

Buße ist oft mit einem Zeichen versehen

Für ihn ist Buße häufig mit einem Zeichen versehen: "Sei es ein Blumenstrauß, ein Vaterunser oder eben der Punkt in Flensburg", so Ahrens. Wichtig dabei sei vor allem die Kommunikation, also seinem Gegenüber auch sagen zu können, dass etwas nicht so gelaufen ist, wie es hätte sein sollen, und sich dafür zu entschuldigen.
Und nur dann, wenn Menschen miteinander oder mit Gott redeten, funktioniere auch Vergebung. "Viel schwerer ist es, sich selbst zu vergeben", findet Ahrens. Für ihn stehe fest, dass Gott eine Schuld viel schneller vergibt als ein Mensch sich selbst seinen Fehler. Ein ganz besonderes Anliegen an Gott wäre für ihn, "dass wir ihn bitten uns zu helfen, uns selbst zu vergeben". Diese Bitte hätte eine besondere Kraft, so Ahrens.

Früher gab es keinen festgelegten Buß- und Bettag

Am kommenden Buß- und Bettag, Mittwoch, 21. November, kann jeder seine Bitten wieder vor Gott bringen. Dass es diesen Feiertag nur noch ein Mal im Jahr gibt, sei merkwürdig, denn "ursprünglich war er eine situative Angelegenheit, eine Art Gebetsaufforderung nach Bedarf", so Ahrens. Früher wären die Gläubigen im Angesicht von drohender Not oder Katastrophen dazu aufgefordert worden, für die Situation, die Menschen und die Entscheidungsträger zu beten. Um etwa Hunger, eine Dürre oder einen drohenden Krieg abzuwenden oder die Folgen zu mildern. Erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist der Buß- und Bettag auf einen Tag festgelegt.

Punkte sammeln bei Gott?

Und wenn Gott nun doch für jeden Gläubigen ein Punktekonto hat? Bei acht Punkten in Flensburg muss der Autofahrer seinen Führerschein abgeben. Welche Konsequenzen hätten Punkte bei Gott? "Die Grundbotschaft des Christlichen ist, dass jeder Mensch vor Gott die absolut identische Würde genießt und gleichermaßen geliebt ist, egal ob Verbrecher oder Friedensnobelpreisträger. Das ist ein Gedanke, auf den ich religiös nicht verzichten möchte", sagt Ahrens. Mit einem Punktesystem wäre Gott die bedingungslose Liebe zu den Menschen nicht möglich. Die Frage nach einem Punktesystem gebe es schlicht deshalb, weil der Mensch sich die bedingungslose Liebe Gottes nur schwer vorstellen könne.