Weiterhin kein Gottesbezug in Landesverfassung

Enttäuschung bei den beiden großen Kirchen und bei der Volksinitiative: Der Antrag ist bei der Abstimmung im Landtag an nur einer Stimme gescheitert.

Der Kieler Landtag hat gegen die Aufnahme eines Gottesbezugs in der Verfassung gestimmt
Der Kieler Landtag hat gegen die Aufnahme eines Gottesbezugs in der Verfassung gestimmtThorge Rühmann

von Hartmut Schulz

Kiel. Gott fehlte nur eine einzige Stimme. Die Aufnahme eines Gottesbezugs in die Präambel der Schleswig-Holsteinischen Landesverfassung ist im Kieler Landtag an einer Stimme gescheitert. Für einen Antrag mit der Nennung von Gott stimmten 45 der 68 anwesenden Abgeordneten, 23stimmten dagegen. Notwendig wären mindestens 46 Stimmen gewesen, um die vorgeschriebene Zwei-Drittel-Mehrheit zu erreichen.Damit bleibt die 2014 beschlossene Landesverfassung ohne  Gottesbezug gültig.

Die Volksinitiative für die Aufnahme eines Gottesbezugs in die Verfassung ist erwartungsgemäß enttäuscht. Ihr Sprecher, der ehemalige Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), fand klare Worte: „Die Entscheidung ist sehr bedauerlich, zumal sich viele Menschen im Land für einen Gottesbezug engagiert haben.“ Carstensen räumte ein, dass er mit größerer Zustimmung gerechnet hatte, zumal der jüngste Vorschlag, der unter anderem von SPD-Fraktionschef Ralf Stegner wie auch vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Daniel Günther unterstützt wurde, sehr o­ffen formuliert gewesen sei. „Als Initiatoren werden wir uns nun zeitnah zusammensetzen und das Ergebnis analysieren. Danach werden wir über mögliche weitere Schritte entscheiden“, kündigte Carstensen an. Möglich wäre ein Volksbegehren,für das 80 000 Unterschri‑ften gesammelt werden müssten. Würde es danach zum Volksentscheid kommen, müssten mehr als 1,1Millionen Schleswig-Holsteiner für das Anliegen stimmen. Die Volksinitiative hatte innerhalb weniger Monate mehr als 42 000 Stimmen gesammelt, damit der Landtag das Thema erneut auf die Tagesordnung setzen musste.

Großen Kirchen äußerten sich enttäuscht

„Die Entscheidung finde ich sehr bedauerlich– insbesondere für die vielen Zehntausend Menschen in Schleswig-Holstein, die die Volksinitiative unterstützt haben“, sagte der katholische Hamburger Erzbischof Stefan Heße. „Schade, dass ihr großes Anliegen von den Abgeordneten nicht umgesetzt worden ist.“ Der evangelische Schleswiger Bischof Gothart Magaard bedauerte,dass nur eine Stimme für die Aufnahme des Gottesbezugs fehlte.„Das ist für alle, die sich für einen Gottesbezug engagiert haben, eine große Enttäuschung.“ Die Volksinitiative habe mit Unterstützung der jüdischen, muslimischen und christlichen Gemeinden sehr viel in Bewegung gebracht. Das Erzbistum Hamburg und die Nordkirche werden nun gemeinsam mit der Volksinitiative darüber beraten, „welche Konsequenzen sich aus der Landtagsentscheidung ergeben.“

Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hatte sich für den jüngsten Antrag mit der Nennung von Gott eingesetzt. „Als Christ halte ich es für gut, der Verfassung diese Präambel voranzustellen“, sagte er. Gegenstimmen gab es unter anderem von FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki: Der Glaube an Gott gehöre in den Privatbereich,nicht aber in die Verfassung eines modernen Rechtsstaates.Von den Verfassungen der 16Bundesländer enthalten sieben einen Gottesbezug. Auch das Grundgesetz verweist in der Präambel auf die „Verantwortung vor Gott und den Menschen“.