Weiter so! Mehr davon!

Fußballweltmeisterschaftsqualifikationsspiel ­– die deutsche Sprache hält so manche Herausforderung bereit. Warum es lohnt, einfach mal einfacher zu reden

Gute Nachricht: Die Diakonische Stiftung Eben-Ezer hat ein Büro für Leichte Sprache gestartet (UK berichtete). Geschulte Übersetzer übertragen dort schwer zu verstehende Texte in die so genannte Leichte Sprache. Ähnliches leistet bisher auch schon die Evangelische Stiftung Volmarstein in Wetter an der Ruhr.

Es ist wohl kein Zufall, dass ausgerechnet diakonische Einrichtungen hier Vorreiter sind: Sie haben vermehrt mit Menschen zu tun, die mit der Sprache im Alltag oft überfordert sind. Aber: Das sollte man nicht zu schnell abtun als Besonderheit des diakonischen Bereichs. Wir alle könnten uns davon eine Scheibe abschneiden.
Denn Sprache kann uns allen zu schaffen machen. Lange Sätze, Haupt- und Fremdwörter – oft auch noch zusammengesetzt wie etwa Fußballweltmeisterschaftsqualifikationsspiel –, unübersichtliche Satzstellung: Das kann jedem von uns die Gehirnzellen zu Quark vermatschen.

Meine Mutter bekam Schweißattacken, wenn Post „vom Amt“ im Briefkasten lag. Es konnte Stunden dauern, bis wir uns mit vereinten Kräften durch die zwei bis drei Seiten Rentenbescheid gekämpft hatten. Noch so ein Schrecken waren die Beipackzettel von Arzneimitteln – ohne Hilfe vom Apotheker blieb der Sinn meist dunkel. Und die Bedienungsanleitung zum Videorekorder? Man hätte den Kasten irgendwann am liebsten aus dem Fenster geschmissen.
Da hat sich mittlerweile viel getan. Ämter, Behörden und Firmen haben erkannt, wie wichtig eine verständliche Sprache ist. Das ist gut. Man möchte ihnen allen zurufen: Weiter so! Mehr davon!

Denn Sprache muss nicht nur richtige Inhalte transportieren. Sie muss auch Wirkung haben.
Und das ist oft schwer hinzubekommen.
Denn: Das Leben ist kompliziert. Mehrschichtig. Unübersichtlich. Da fällt es umso schwerer, Gedanken und Sprache klar zu halten. Dazu kommt, dass Schule und Universität geradezu darauf drillen, so zu formulieren, dass es bloß nicht zu einfach wirkt. Manchmal kommt man sich vor wie in einem Wimmelbuch: Wo hält sich zwischen all den Synthesen, Konnotationen und Antizipationen denn nun der Sinn verborgen?

Gerade das Deutsche und seine Tradition ist da offenbar besonders anfällig. Nicht von ungefähr redet man von der Sprache der „Dichter und Denker“. Das gilt leider auch zu oft in der Kirche.

Sprache kunstvoll um die Ecke denken; auf Entdeckungsfahrt mit dem Lexikon gehen; andere mit traumhafter Beherrschung kilometerlanger Sätze beeindrucken: Tut das gerne. In elitären Zirkeln. Aber wenn es rausgehen soll, auf die Straße: Dann. Bitte. Nicht.

Wer eine Botschaft rüberbringen will (Kirche); wer Menschen überzeugen und mitnehmen will (Demokratie): Der hat gar keine andere Wahl. Er oder sie muss so reden, dass „das Volk“ zuhören kann. Und will.

Wenn man nur diese eine Lehre aus dem vergangenen Reformationsjahr ziehen würde und auf Luther hörte – das wäre schon viel: Schaut dem Volk aufs Maul.