Weißer Ring betreute über 700 Kriminalitätsopfer in Rheinland-Pfalz

Die Opferschutzorganisation Weißer Ring hat in Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr so viele Kriminalitätsopfer unterstützt, wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Insgesamt hätten 745 Betroffene materielle Hilfen im Umfang von insgesamt rund 276.000 Euro erhalten, sagte die Landesvorsitzende Sabine Bätzing-Lichenthäler am Donnerstag in Mainz. Darunter fielen nach Aussage der SPD-Landtagsfraktionschefin Beratungsschecks für Rechtsanwälte oder Psychologen ebenso wie Soforthilfen und in einigen Fällen Erholungsmaßnahmen. Unter den vom Weißen Ring betreuten Fällen betrafen zwei Drittel die Opfer von Körperverletzungen und Sexualdelikten, vielfach handelte es sich um häusliche Gewalt.

Diebstahl- oder Betrugsopfer wendeten sich deutlich seltener an die Organisation, sagte Bätzing-Lichtenthäler. Den Anstieg der Fallzahlen wertete sie positiv. Dies sei kein Hinweis auf eine Zunahme der Kriminalität in Rheinland-Pfalz: „Ich würde das erst einmal so interpretieren, dass mehr Menschen den Weißen Ring gefunden haben.“

Die aktuell mehr als 200 ehrenamtlichen Mitarbeiter in den 27 Außenstellen des Weißen Rings bemühten sich, alle Hilfesuchenden zu unterstützen. Trotz einer pandemiebedingten Delle bei den Opferhelfern gelinge dies, und obwohl einige Außenstellen personell nur schwach besetzt seien. So gebe es in Ludwigshafen aktuell nur drei aktive Mitarbeiter. Als nach dem Doppelmord im Oktober 2022 besonders großer Unterstützungsbedarf bei zahlreichen Betroffenen des Verbrechens bestanden habe, sei die Außenstelle von Mitarbeitern aus anderen Landesteilen sofort verstärkt worden.

An Interessierte appellierte Bätzing-Lichtenthäler, sich für ein Engagement als Opferhelfer zu melden. Wer beim Weißen Ring Verbrechensopfern in schwierigen Situationen beistehen wolle, müsse ein Führungszeugnis vorlegen und eine Qualifizierung durchlaufen. In belastenden Situationen gebe es eine intensive Betreuung durch erfahrene Mitarbeiter.

Einen thematischen Schwerpunkt setzt der Weiße Ring auch in Rheinland-Pfalz aktuell mit einem Fokus auf Männer als Opfer von Gewalt. Eine von der Opferschutzorganisation finanzierte und im Februar veröffentlichte Studie hatte gezeigt, dass mehr als jeder zweite Mann bereits mindestens einmal Gewalterfahrungen in der Partnerschaft erlebt hat. Bei Männern sei die Schamschwelle, sich professionelle Hilfe zu suchen, noch höher als bei Frauen, sagte der Leiter der Mainzer Beratungsstelle für männliche Opfer von häuslicher Gewalt „SAFE!“, Bernd Seifried. Er bedauerte insbesondere, dass es für Männer derzeit bundesweit lediglich zwölf Schutzräume nach dem Vorbild der Frauenhäuser gebe. Keiner davon befinde sich in Rheinland-Pfalz.

Der Weiße Ring wurde 1976 auf Initiative des Fernsehjournalisten Eduard Zimmermann („Aktenzeichen XY… ungelöst“) gegründet und hat auch seine Bundesgeschäftsstelle in Mainz. Die Organisation ist unabhängig von staatlichen Stellen und finanziert sich aktuell vor allem durch Mitgliederbeiträge, Spenden, Erbschaften und von Gerichten und Staatsanwaltschaften verhängte Bußgelder.