„Weil zehn Jahre gut sind“

Es war ein Schritt, der alle überraschte. Der Oldenburger Bischof Jan Janssen gibt sein Amt auf – aus Angst, dass es in seiner Position mühsam werden könnten. Jetzt wird er mit einem Gottesdienst verabschiedet.

Jan Janssen
Jan JanssenELKiO / epd

Oldenburg. Warum gibt ein auf Lebenszeit gewählter Bischof einfach sein Amt auf? "Weil zehn Jahre gut sind", sagt der Oldenburger Jan Janssen. Und nein, er habe sein Amt nicht einfach so abgegeben: "Dem ging ein langes Überlegen voraus. Jetzt habe ich noch Power und Kreativität, etwas Neues zu beginnen." Im November hatte der 54-Jährige vor der überraschten Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg seinen Rücktritt verkündet – um Seemannspastor in Rotterdam zu werden. Am Sonntag, 18. Februar, wird er mit einem Gottesdienst in der Oldenburger Lambertikirche aus seinem Dienst verabschiedet.
In den vergangenen mehr als neun Jahren habe es "jeden Tag mindestes einen guten Grund gegeben, gerne Bischof in Oldenburg zu sein", sagt Janssen, der sich seit seinem Rücktritt nur noch "Pfarrer Janssen" nennt. Nach wie vor fühle er sich mit Land und Leuten eng verbunden. "Aber das lässt sich nicht an einem Termin, einer Begegnung oder einem Gremium festmachen. Das ist eher ein anhaltender Grundton." 

Jüngster deutscher Bischof

Dazu gehöre die Chance in der überschaubaren oldenburgischen Kirche, mit Gemeindemitgliedern ungefiltert ins direkte Gespräch zu kommen. Oder auch die in den vergangenen Jahren gewachsene Kultur eines Teamgeistes, in Gemeinden, Kirchenkreisen, Verwaltung und Kirchenleitung. Auch der Zukunftskongress oder die neuen Pop-Kantoren für die Kirchenmusik. "Das ist nicht alles mir allein zuzuschreiben, aber es hat die vergangenen Jahre in dieser Kirche und auch mich geprägt."
Gleich zu Beginn seiner Bischofszeit habe er sich selbst versprochen, spätestens nach zehn Jahren innezuhalten und seine Situation zu überdenken, sagt Janssen, der 2008 als damals jüngster deutscher Bischof gewählt wurde. "Das ist schon eine satte Wegstrecke." Das Versprechen habe er gehalten. "Es ist nicht sinnvoll, noch weitere zwölf oder 13 Jahre einfach weiterzumachen. Ich hatte Sorge, dass es irgendwann im Amt mühsam werden könnte", räumt er ein. "Darum ist es besser, ein neues Gesicht zu suchen."
Für Janssen sind Verkündigung und Seelsorge der Kern des Pfarramtes. "Alles andere, vom Spezialpfarramt bis hin zum Bischofsamt sind nur Ableitungen vom Pfarramt und sollte befristet sein." Allein schon, um neue Ideen aufkommen zu lassen. Leitende Positionen sollten nicht zu lange in einer Hand bleiben. "Der Rekord in meiner von Pastoren geprägten Familiengeschichte liegt bei 47 Jahren auf ein und derselben Pfarrstelle."

Ein Weltenwechsel

Der Wechsel im Herbst nach Rotterdam wird große Veränderungen mit sich bringen. "Aber das kenne ich", sagt Janssen: "Ich war Dorfpastor, Pfarrer einer Stadtgemeinde, Pastor des Deutschen Evangelischen Kirchentages und Bischof – das war jedes Mal ein Weltenwechsel, aber auch ungeheuer reizvoll."
Nun also Seemannspastor. "Vielleicht hole ich etwas nach, was mir immer fehlte." Als Vorstandvorsitzender des Evangelischen Missionswerkes habe er oft mit Menschen gesprochen, die seit Jahren in der Mission tätig sind. "Nochmal in die Tiefe gehen, noch mal den Glauben von Grund auf durchzubuchstabieren, das hat auch einen inhaltlichen Reiz." 
Im Herbst will der Seemannspastor Janssen in Rotterdam vor Anker gehen. Bis dahin wird er Aufgaben in verschiedenen Gremien und der EKD beenden und Vertretungsdienste in Gottesdiensten übernehmen. Geplant sind auch eine Hospitation bei der Seemannsmission in Antwerpen und Sprachkurse. Außerdem muss sich der leidenschaftliche Fußballfan über die niederländische Erste Liga informieren: In Rotterdam konkurrieren gleich zwei Mannschaften um die Meisterschaft. (epd)