Was wird aus der Beratung?

Zum 1. Januar tritt in Mecklenburg-Vorpommern der zweite Teil des neuen Wohlfahrtsfinanzierungs- und Transparenzgesetzes in Kraft. Die Diakonie sieht die Beratung gefährdet.

Die Diakonie macht mobil (v.l.): Stiftspropst Jürgen Stobbe, Katrin Kuphal, Kirsten Balzer, Olaf Hagen und Landespastor Paul Philipps
Die Diakonie macht mobil (v.l.): Stiftspropst Jürgen Stobbe, Katrin Kuphal, Kirsten Balzer, Olaf Hagen und Landespastor Paul PhilippsOliver Borchert / Diakonie MV

Schwerin. Wie viele Beratungsstellen in MV können voll erhalten bleiben, wo werden Stellen gestrichen? „Den Trägern von Beratungsdiensten fehlt nach wie vor eine langfristige Perspektive, die eine verantwortungsvolle Planung ermöglicht und die Beratung nachhaltig absichert“, kritisiert Paul Philipps, Landespastor des Diakonischen Werkes Mecklenburg-Vorpommern. Hintergrund ist der zweite Teil des Wohlfahrtsfinanzierungs- und Transparenzgesetzes (WoftG) in MV, das zum 1. Januar in Kraft treten soll.

Dieses Gesetz regelt unter anderem die Mittelvergabe durch das Land und die Kommunen neu. Bislang hatte das Land nach Haushaltslage einen festen Betrag direkt an die Träger der Beratungsstellen gezahlt. Bei einigen Beratungsarten gaben die Kommunen einen Zuschuss, die übrigen Kosten trugen die Träger selbst. Je nach Beratungsart lag der Anteil bei 10 bis 60 Prozent der Gesamtkosten. Künftig bringt das Land von den eingestellten Haushaltsmitteln nur noch so viel ein, wie die Kommunen ihrerseits aufbringen. „Das Land gibt die Verantwortung für die Beratungsarbeit an die Kommunen ab“, meint Philipps.

Zuverlässige Angebote gefragt

Bis vor Kurzem sei zudem noch unklar gewesen, ob das Sozialministerium MV überhaupt mit allen Kommunen Zuweisungsvereinbarungen schließe. Dies sei nun für den Zeitraum von 2022 bis 2024 erfolgt, außer für die Städte Schwerin und Rostock. Hier sollen noch die kommunalen Gremien beteiligt werden. Dennoch herrsche bei den Wohlfahrtsverbänden Unsicherheit, sagt auch Henrike Regenstein vom Diakonie-Vorstand. Die neue Art der Finanzierung sei nicht langfristig gedacht, die Zuweisung durch das Land hänge immer vom Haushalt der Kommunen ab. „Um aber ein verlässliches und wohnortnahes Beratungsangebot für Menschen in Not weiter aufrechtzuerhalten, müssen sich Land und Kommunen langfristig dazu verpflichten, Beratungsangebote zuverlässig und ausreichend zu finanzieren“, ist sie überzeugt.

Keine einheitlichen Standards

Ebenfalls kritisch sieht die Diakonie MV, dass bis jetzt keine einheitlichen Standards verhandelt werden konnten. Ungleiche Verhältnisse werden im Land befürchtet und Teilstellenstreichungen etwa bei der Beratungsstelle der Sozial-diakonischen Arbeit – Evangelische Jugend in Schwerin. Es werde Regionen geben ohne wohnortnahe Angebote. Wer Hilfe braucht, müsse dann längere Wege in Kauf nehmen und auch länger auf einen Termin warten. Dabei sei die Situation schon jetzt an einigen Orten angespannt.

Dass das neue Woft-Gesetz in Gang gebracht wurde, hat mit Vorkommnissen innerhalb örtlicher Wohlfahrtsverbände zu tun, die öffentlich auf Kritik stießen – wie zum Beispiel das hohe Gehalt des ehemaligen Geschäftsführers der Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Müritz, mit 150 000 Euro im Jahr. Ab 2017 beschäftigte sich dann ein Untersuchungsausschuss mit der Förderstruktur und der Verwendung von Landesmitteln bei den Wohlfahrtsverbänden. Sozialministerin Stefanie Drese sagt nun, mit dem neuen Gesetz verankere man „verlässliche und transparente Finanzierung der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, eine Neuregelung der Beratungsstellenfinanzierung und die Einführung von Transparenzregeln“. So sollen im Rahmen des Gesetzes auch eine Transparenz- und eine Zuwendungsdatenbank aufgebaut werden. Ab einer Förderungshöhe von 25 000 Euro müssen sich Träger künftig an dieser Transparenzdatenbank beteiligen, sonst fließen keine Steuergelder mehr.