Was steckt im Fremden?

„Kirche in der Migrationsgesellschaft“ heißt das Thema der Hauptvorlage. Sie soll als Grundlage für einen Diskussionsprozess in den Gemeinden dienen

BIELEFELD – Migration sei die Mutter aller Probleme, meinte Horst Seehofer im vergangenen Sommer. Diese polemische Engführung kritisierte Präses Annette Kurschus deutlich in ihrem mündlichen Bericht vor der westfälischen Synode (s. oben). Wie aber umgehen mit Menschen, die aus anderen Ländern und Kulturen nach Deutschland einwandern? Konflikte sind ja nun einmal vorprogrammiert, wenn unterschiedliche Erfahrungen und Lebenseinstellungen aufeinandertreffen.
Mit der Frage, wie Zusammenleben trotzdem gelingen kann, sollen sich die Gemeinden der westfälischen Landeskirchen im nächsten Jahr intensiv beschäftigen. Als Grundlage für die Diskussion wurde jetzt auf der Landessynode die Hauptvorlage „Ich bin fremd gewesen und ihr habt mich aufgenommen“ vorgestellt, die die Rolle der Kirchen in einer Migrationsgesellschaft beleuchtet.
Aus christlicher Perspektive sei die Welt ein Platz, in dem Menschen gemeinsam eine Bleibe finden, betonte Oberkirchenrat Ulrich Möller bei der Vorstellung. Menschen, die ihre Heimat verlassen müssten, seien darauf angewiesen, aufgenommen zu werden und neu anfangen zu können, so der Leiter des Dezernats für Weltmission und Ökumene der EKvW.
Dass Zuwanderung in dem Maß und Tempo, wie es in den vergangenen Jahren stattgefunden habe, eine Gesellschaft vor große Herausforderungen stellte, betonte Pfarrerin Annette Muhr-Nelson.  Inwieweit biblische Hoffnungsgeschichten und Hoffnungsbilder von Fremdsein und Gottesnähe dazu beitragen könnten, solle in dem Diskussionsprozess ausgeleuchtet werden. Die Leiterin des Amtes für Mission, Ökumene und christliche Weltverantwortung plädiert dafür, das Anderssein von Migrantinnen und Migranten nicht als Defizit abzutun, sondern ihre Erfahrungen und Kompetenzen als Schatz auch für die Kirche neu zu entdecken. Durch den Kontakt mit Christinnen und Christen aus anderen Traditionen werde die  Vision von der einen weltweiten Kirche konkret erfahrbar. „Gott trägt durch das Fremde etwas an uns heran, Gott fordert uns im Fremden heraus und begegnet uns im Fremden“, so Muhr-Nelson.
Um möglichst viele Menschen in die Diskussion einzubeziehen, ist die Hauptvorlage auch im Internet zu finden. Unter der Adresse www.kircheundmigration.ekvw.de werden verschiedene Möglichkeiten der Annäherung angeboten: Wer sich gerne spontan durch verschiedene Texte, Videos und Graphiken klickt, kann eine interaktive Form wählen. Wer lieber einen fortlaufenden Text liest, findet diesen ebenfalls auf der Seite. Wichtig ist den Autorinnen und Autoren der Hauptvorlage die Möglichkeit zum Kommentieren. Durch diese neue Form der Beteiligung hoffe man auf Aufmerksamkeit gerade bei der jüngeren Generation, so Oberkirchenrat Möller. leg