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Was Kinder von Luther lernen

160 Schülerinnen und Schüler aus Hamburg haben beim Lutherspiel erkundet, was der Reformator 1517 entdeckt hat und wie sie seine Erkenntnisse heute in ihrem Alltag nutzen können.

Beim Lutherspiel puzzlen die Kinder die Lutherrose und sprechen über Thesen
Beim Lutherspiel puzzlen die Kinder die Lutherrose und sprechen über ThesenMarieke Lohse

Sünde ist, „wenn man etwas Schlimmes getan hat, etwas verbrochen hat“, sagen Grundschüler der Fridtjof-Nansen-Schule in Lurup. An vier Stationen lernen die Schülerinnen und Schüler beim szenischen Lutherspiel die Bedeutung der Reformation kennen. Angeleitet von Pastorin Verena Fitz in der Rolle des Reformators Martin Luther. Weitere Erwachsene spielen andere bedeutende Reformatoren. Es geht um den Ablasshandel, den Thesenanschlag 1517 und die Bibelübersetzung.

Religionslehrerin Maren Schamp-Wiebe organisiert die Luthertage seit einigen Jahren gemeinsam mit der Emmausgemeinde für Kinder der vierten Klassen. Die Schüler steigen für eineinhalb Stunden tief ein ins Mittelalter und sind bei der Figur, die für den 31. Oktober steht: Martin Luther.

Der Heilige Geist hat mir Kraft gegeben

Im Kirchsaal beobachten die Schüler die erste Szene: Tischgemeinschaft im Hause Luther, Martin kommt hineingestürmt und ruft: „Heute hat mir der Heilige Geist die Kraft gegeben: Ich hatte den Mut und habe die Wahrheit an die Tür genagelt!“ Fitz, die auch ausgebildete Schauspielerin ist,
spricht in der Rolle Martin Luthers vom Thesenanschlag.

In der Schreibwerkstatt stellt sich Melanchthon höchstpersönlich vor: „Martin Luther hat dieses dicke Buch übersetzt“, sagt Melanchthon und hebt ein großes braunes Buch mit goldenem Ledereinband hoch. „Heute sollt ihr selbst nachempfinden, was Luther tun musste, um dieses dicke Buch
schreiben zu können.“ Vor sich hat jedes Kind einen Schnipsel mit hebräischen Buchstaben und eine Übersetzungstabelle. Ein bisschen schwierig sei das schon, findet ein Junge: „Weil das so komisch aussieht. Und viele Buchstaben sehen sehr ähnlich aus.“ Nach zehn Minuten lesen die Kinder vor, was sie übersetzt haben: „Ich bin der Herr, dein Gott“, steht jetzt mit Feder geschrieben auf dem kleinen Papier.

Im Kriechkeller unter dem Gemeindehaus geht es weiter. Fitz alias Luther erzählt von seinem Gewittererlebnis. In Dunkelheit nur mit Kerzenlicht beleuchtet, setzen die Kinder sich zu ihm. Er erzählt von seiner Angst: „Da habe ich gemerkt, dass ich nichts mehr tun kann, außer zu sagen: ‚Gott, ich
habe so eine Angst, bitte hilf mir!‘“

Beten heißt auf Gott vertrauen können

An dieser Station lernen die Kinder etwas über das Beten. Luther fragt sie: „Hattet ihr in eurem Leben schon mal richtig Angst? Und was habt ihr dann gemacht?“ Sich Hilfe holen von den Eltern oder selbst überprüfen, wie schwer die Verletzung ist, wenn sie gestürzt sind – so hätten sich die Kinder schon selbst Strategien erarbeitet, erzählen sie. Beten lernen heißt an dieser Station:
„Wir können vertrauen, es wird wieder gut“, sagt Fitz.

An der letzten Station stehen die Kinder draußen vor einer Tür, an die Zettel mit Nägeln angeschlagen sind. Hier lernen sie, was die reformatorische Wende markiert. „Warum war Martin Luther vorhin so aufgebracht?“, werden die Kinder gefragt. „Er hat die Bibel übersetzt, und das, was er darüber denkt, hat er an die Tür genagelt“, sind die Schüler sich einig. Einige Thesen stehen schon an der Tür. Die Kinder lesen vor: „Gott liebt alle Menschen.“ Oder: „Alle Menschen sollen die Bibel lesen können.“ Dann kommen ihre eigenen Thesen als Wünsche mit dazu. Im
Schlusskreis puzzeln alle gemeinsam die Lutherrose. Im Zentrum: ein Herz, darin ein Kreuz. Auf die Frage, was Luthers Thesen bedeuten, haben sie eine klare Antwort: „Gott macht bei den Menschen keinen Unterschied.“