Was der neue Pop-Kantor Jan Simowitsch plant

Der 35-Jährige kann sich auch einen Hip-Hop-Gottesdienst vorstellen. Nur eines will er nicht: die traditionelle Kirchenmusik verbannen.

Jan Simowitsch wird der neue Pop-Kantor der Nordkirche
Jan Simowitsch wird der neue Pop-Kantor der NordkircheThomas Morell

Hamburg. Wenn es nach Jan Simowitsch ginge, wäre in den evangelischen Gottesdiensten öfter Jazz, Hip-Hop, Soul oder Pop zu hören. „Das musikalische Dach der Kirche könnte noch größer werden“, sagt der 35-jährige Musiker. Simowitsch ist neuer Pop-Kantor der Nordkirche. Zu seinen Aufgaben zählen Fortbildungen und Workshops für Kirchenmusiker mit dem Schwerpunkt Popularmusik.
Seine Erfahrungen hat Simowitsch in Bad Segeberg gesammelt, wo er bereits seit elf Jahren Pop-Kantor ist. Zahlreiche Bands und Gitarren-Gruppen hat er begleitet und sogar eine Ska-Band aufgebaut. Der Weg ist zum Teil sehr mühsam. „Es braucht Qualität und ein Ernstnehmen“, sagt er über seinen Erfolg. Am Ende kamen auch schon mal 300 Besucher zu den Konzerten.

"Es ist cool!"

Zielgruppe sind oft jüngere Menschen, die von den herkömmlichen Angeboten der Gemeinden selten erreicht werden. Simowitsch: „Du musst es hinkriegen, dass sie denken, es ist cool.“ Im Sommer hat er mit einer Gruppe von jungen Musikern eine Fahrrad-Musik-Freizeit organisiert. 20 Gemeinden rund um Segeberg haben sie besucht und Konzerte unterschiedlicher Art gegeben.
Für Jan Simowitsch gibt es keine Musikrichtung, die sich nicht für den Ausdruck des christlichen Glaubens eignet. Hip-Hop könne Menschen genauso christlich bewegen wie barocke Orgelmusik, sagt der 35-Jährige. Sogar christlichen Heavy Metal habe er erlebt. Rap sei in Kirchenräumen dagegen selten. Die Kirche hinke der aktuellen Musikbewegung rund 20 Jahre hinterher. Musik würde einen Gottesdienst nachhaltig prägen. Simowitsch: „Musik darf nicht Beiwerk sein.“ Popularmusik als reines „Lockmittel“ für junge Leute werde nichts bewegen. Man würde ihn völlig missverstehen, wenn man meine, er wolle die traditionelle Kirchenmusik aus den Gotteshäusern verbannen.
Simowitsch ist gebürtiger Rostocker und hat an der dortigen Hochschule für Musik und Theater sein Studium mit dem Hauptfach Klavier mit einem Diplom abgeschlossen. 

Simowitsch schrieb Oratorium

Darüber hinaus komponiert er gern. Sein Oratorium „Die letzte Flut“ wird am 18. März mit Gospelchor und Sinfonieorchester in der Segeberger Marienkirche uraufgeführt. Schirmherr ist Bischof Gothart Magaard. Musikalischer Höhepunkt seiner Laufbahn war bislang die Mitwirkung beim Eröffnungsgottesdienst des Hamburger Kirchentages am 1. Mai 2013 mit Bischöfin Kirsten Fehrs, der auch im Fernsehen übertragen wurde.
Simowitsch tritt ein schweres Erbe an. Er ist Nachfolger von Hartmut Naumann, der seit 1993 diesen Bereich aufgebaut und zum Jahresanfang die Professur für Popularmusik an der Hochschule für Kirchenmusik Westfalen in Herford übernommen hat. Ausgebildet werden vom PopKantor größtenteils C-Musiker, die im Nebenamt als Musiker in den Gemeinden tätig sind. Am Nordkolleg in Rendsburg wird zudem ein Studium für B-Musiker angeboten. Simowitsch kenne aber auch A-Musiker mit erfolgreichem Zusatzstudium, die sich neben ihrer klassischen Kantoreiarbeit im Bereich Popularmusik weiterbilden.

Sein aktueller Tipp: Jan Delay

So breit wie sein Arbeitsfeld ist auch sein persönlicher Musikgeschmack. Simowitsch hört gern alte klassische Vokalmusik und Werke von Schostakowitsch, Schumann und Mahler. Neben Soul, Jazz und Funk schätzt er auch Pop, „wenn er gut gemacht ist“. Sein aktueller Tipp ist Jan Delay und die Independent-Gruppe Notwist.
Sein Traum wäre, dass die Popular­musik für ihre Veranstaltungen eine eigene Kirche bekommt. Es werde derzeit viel über die Schließung von Kirchen gesprochen. Statt die Gebäude zu schließen, sollten für sie neue Perspektiven entwickelt werden. Viele Kirchen hätten eine sehr gute Akustik. Notwendig sei darüber hinaus eine gute Verstärkeranlage und eine professionelle Beleuchtung. „Man kann so viel tun.“ (epd)