Was besagt das Selbstbestimmungsgesetz?

Künftig soll es für trans- und intergeschlechtliche Menschen möglich sein, ihren Namen und ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Bislang waren dazu psychiatrische Gutachten notwendig.

Der Bundesrat hat am Freitag den Weg für das Selbstbestimmungsgesetz frei gemacht. Es löst das derzeit geltende Transsexuellengesetz ab. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet wichtige Fragen zu dem Gesetz.

Das derzeit geltende Transsexuellengesetz ist über 40 Jahre alt. Danach müssen Menschen, die ihr Geschlecht im Pass ändern wollen, zwei psychiatrische Gutachten einholen und dabei sehr intime Fragen beantworten. Diese Gutachten kosten mehr als 1.000 Euro und das Verfahren dauert Monate. Entscheiden muss dann ein Gericht. Das Bundesverfassungsgericht hatte Teile dieses Gesetzes mehrfach als verfassungswidrig eingestuft.

Mit dem Gesetz soll jede volljährige Person die Geschlechtsidentität im Pass frei wählen können und selbst zwischen den Einträgen “männlich”, “weiblich”, “divers” oder “ohne Angabe” entscheiden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Entscheidung auf einer empfundenen Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht (Transsexualität), auf biologisch uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen (Intersexualität) oder auf einem fehlenden Zugehörigkeitsgefühl zu beiden Geschlechtern (nichtbinäre Sexualität) beruht.

Zur unbürokratischen Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen soll eine “Erklärung mit Eigenversicherung” ausreichen. Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen soll drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden. In dieser Zeit hat die betroffene Person die Möglichkeit, die Änderung zu widerrufen. Die Entscheidung kann dann frühestens nach einem Jahr erneut geändert werden. Es geht bei der Reform nicht um geschlechtsangleichende Operationen

Junge Menschen, die noch nicht volljährig sind, aber das 14. Lebensjahr vollendet haben, können die Erklärung laut Entwurf selbst abgeben, brauchen aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten. Im Konfliktfall soll die Zustimmung durch das Familiengericht ersetzt werden können. Maßstab dabei soll – wie im Familienrecht allgemein – das Kindeswohl sein. Bei jungen Menschen unter 14 Jahren können nur die Eltern oder andere gesetzliche Vertreter die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen einreichen. Eltern soll zudem die Eintragung “Elternteil” anstelle von “Vater” oder “Mutter” in der Geburtsurkunde ihrer Kinder ermöglicht werden.

Männer können ihren Geschlechtseintrag nicht ändern, wenn dies offenkundig in Zusammenhang mit einer drohenden Einberufung für einen Verteidigungsfall steht. Das Selbstbestimmungsgesetz soll nichts am privaten Hausrecht und der Vertragsfreiheit ändern. Damit soll der Zugang zu geschützten Räumen wie Frauenhäusern, Fitnessstudios oder Saunen im Zweifelsfall weiter Frauen vorbehalten bleiben. Auch die Autonomie des Sports soll durch das Gesetz nicht angetastet werden. Auch für Asylsuchende gibt es Ausnahmen. Sie können eine Anpassung ihres Geschlechtseintrags nur dann beantragen, wenn ihr Aufenthaltstitel nicht innerhalb der folgenden zwei Monate ausläuft.

Um Personen vor einem Zwangsouting zu schützen, soll es – ähnlich wie im geltenden Recht – auch künftig verboten sein, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen auszuforschen und zu offenbaren. Wird eine Person dadurch absichtlich geschädigt, kann ein Bußgeld verhängt werden. Allerdings soll sich niemand durch Änderung des Geschlechtseintrags und seines Vornamens der Strafverfolgung entziehen können. Deshalb wird Sicherheitsbehörden ermöglicht, die Identität von Personen nachzuverfolgen.

Neben der Sorge vor einem Missbrauch gibt es auch Kritik daran, wie das Gesetz den Umgang mit Jugendlichen regelt. Er begrüße das Gesetz grundsätzlich, sagte etwa der katholische Familienbischof Heiner Koch. Er wisse von Betroffenen, dass sie sich durch das Transsexuellengesetz diskriminiert fühlten. Er halte aber eine fachliche Beratung von Kindern und Jugendlichen vor einer Änderung des Eintrags für wichtig.