Es ist unmöglich: Man kann sich nicht selbst kitzeln. Aber warum eigentlich nicht? Psychologen der Universität Marburg haben nach eigenen Angaben die Lösung des Rätsels gefunden.
Psychologen und Neurowissenschaftler haben nach eigenen Angaben entschlüsselt, warum sich Menschen nicht selbst kitzeln können. Ein interdisziplinäres Forschungsteam habe ein mathematisches Modell entwickelt, das erkläre, “warum unsere Wahrnehmung bei selbst erzeugten Bewegungen abgeschwächt reagiert”, teilte die Universität Marburg am Donnerstag mit. Diese “sensorische Abschwächung” spiele eine entscheidende Rolle bei der Eigen- und Fremdwahrnehmung.
Das Gehirn wägt demnach ständig ab, ob sensorische Informationen aus einer internen oder externen Quelle stammen. Also: “Höre ich mich selbst oder etwas anderes? Kommt die Berührung von mir selbst oder von meinem Freund oder von einem Fremden?”
Ist der Reiz das vorhersehbare Ergebnis einer eigenen Bewegung, werde er als “intern” eingestuft und in der weiteren Verarbeitung herunterreguliert. “Dies erklärt, warum wir uns nicht selbst kitzeln können oder warum wir in einer dunklen Straße den Schritten einer fremden Person mehr Aufmerksamkeit schenken als unseren eigenen”, erläuterte die Psychologin und Studienautorin Anna-Lena Eckert.
Die Erkenntnisse könnten langfristig sogar dabei helfen, psychische Störungen wie Schizophrenie besser zu verstehen. Betroffene hätten nämlich oft das Gefühl, “fremdgesteuert zu sein”, erklärte der Marburger Psychologieprofessor Dominik Endres. Das nun entwickelte und in mehreren Experimenten getestete Modell könne künftig helfen, “neue diagnostische und therapeutische Ansätze zu entwickeln”.
Das Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der Universität Gießen sei ein Beispiel für eine erfolgreiche Kooperation von Wissenschaftlern aus Psychologie, Psychiatrie und Neurowissenschaften. Die Studie erscheint in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift “PLOS ONE”.