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Warum die Römer das Essen “to go” erfunden haben

Die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen begeben sich mit einer Sonderausstellung zu Essen und Trinken auf eine Körper- und Zeitreise. Entdeckungen von Birkenpech bis zu Speiseverboten sind garantiert.

Rosa, Aayah, Liliana, Juliane sitzen in einem Raum mit rosafarbenen Wänden, der ein Dünndarm darstellen soll, und basteln aus schmalen Papierstreifen kurzkettige Fettsäuren. Die dazugehörige Anleitung liegt vor ihnen auf dem Tisch, an der Wand hängen Erklärungen, wozu die Fettsäuren überhaupt gut sind. Die vier Schülerinnen des örtlichen Ludwig-Frank-Gymnasiums dürfen die Ausstellung in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen probeweise durchlaufen und die Mitmach-Stationen testen, ehe diese Schau am Sonntag offiziell eröffnet wird.

Genau genommen handelt es sich bei der Sonderausstellung “Essen und Trinken”, die bis Ende Juli läuft, um zwei Ausstellungen – die eine im Museum Weltkulturen D5, die andere im Museum Zeughaus C5. Die Körperreise führt durch ein Tunnelsystem vom Mund über Speiseröhre und Magen bis hin zum Darm und erforscht die Prozesse rund um die Nahrung.

“Abgesehen vom Mund, durch den die Nahrung zuerst geht, ist der Körper ein fremdes Universum”, erläutert Gaelle Rosendahl, zusammen mit Giulia Worf Projektleiterin und Kuratorin der Ausstellung. Mit dem Gang durch die Eingeweide sollen die Geheimnisse gelüftet und am Ende unter anderem die zentrale Frage beantwortet werden, warum der Körper Hungersignale sendet, auch wenn wir eigentlich gar keinen Hunger haben.

Auf der anderen Straßenseite dem Weltkulturen-Museum gegenüber liegt das Zeughaus, und dort führt eine kulturhistorische Zeitreise durch verschiedene Epochen der europäischen Geschichte. Die fördert einiges Erstaunliches zutage, zum Beispiel, dass das Kaugummi keine Erfindung der Neuzeit ist, sondern Menschen schon immer gerne gekaut haben. Schon in der Mittelsteinzeit vor 10.000 Jahren wurden Kaugummis aus Birkenpech gekaut. Das hatte gute Gründe, denn Kauen steigert die Konzentration und reduziert Stress.

Die Römer dürfen mit Fug und Recht von sich behaupten, Erfinder des Essen “to go” zu sein. In Städten des Römischen Reichs, wo viele Wohnungen über keine eigenen Küchen verfügten, lief die Lebensmittelversorgung, auch die von warmen Speisen, über Straßenverkäufer.

Dass die Natur nachhaltige Konzepte bereithält, zeigt die Kokospalme. Sie wird auch “Baum des Lebens” genannt, weil alles an ihr verwendet werden kann: Man kann die Kokosnuss essen und ihre Milch trinken. Aus der Faserhülle lassen sich Seile herstellen, die ganze Häuser selbst bei Stürmen zusammenhalten, und aus den Palmwedeln Taschen flechten.

Was auf dem Speiseplan steht, bestimmt oft allerdings auch der Glaube. Die Speisen der Juden beispielsweise müssen koscher sein, Muslime essen kein Schweinefleisch, und für Hindus ist die Kuh heilig. Das Christentum wiederum kennt keine dauerhaften Speiseverbote, aber Zeiten der Abstinenz, etwa in der Fastenzeit.

Laut Wilfried Rosendahl, dem Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen, ist es das erste Mal, dass sich alle Ausstellungsräume der Museen einem gemeinsamen Schwerpunkt widmen. “Die Nahrungsaufnahme dient der Energiegewinnung, ist aber noch viel mehr für uns, Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, und so wollten wir das Thema Körper und Kultur auch nicht trennen.”

Und was sagen die Museumstesterinnen? Die finden die Ausstellung cool. “Hier können wir mitmachen und alles selbst nachvollziehen”, sagt die elfjährige Juliane.