Warum die Eigenanteile für Heimbewohner nicht sinken

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sieht akuten Handlungsbedarf: „Viele Länder kommen ihrer Aufgabe, Pflegeeinrichtungen zu fördern, nur unzureichend nach. Am Ende geht das zulasten der Betroffenen, für die die Eigenanteile immer weiter steigen“, beklagt Präsidentin Gerda Hasselfeldt gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Denn die anfallenden Investitionskosten etwa für den Gebäudeerhalt, Modernisierungen, Abschreibungen oder die Nutzung von Gemeinschaftsräumen würden umgelegt und gingen in der Regel vollständig zulasten der Heiminsassen, weil die Pflegeversicherung nur eine Teilkaskoversicherung sei.

Laut einer Analyse des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) vom Januar stiegen allein die durchschnittlichen Investitionskosten als Teil der Gesamtkosten, die für das Leben im Heim fällig werden, im Vorjahr um 13 Euro auf 485 Euro monatlich. Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek, appelliert deshalb an die Bundesländer, ihr Versprechen zu halten, die Investitionskosten allein zu tragen – als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. „Die Länder, die bei den Investitionskosten in der Pflicht stehen, müssen mehr Verantwortung übernehmen. Das wäre zielführend, weil von Seiten des Bundes eine Reform zur Entlastung der Pflegebedürftigen derzeit unwahrscheinlich ist“, sagt DRK-Präsidentin Hasselfeldt.

Die Bundesländer sind gesetzlich für die ausreichende Versorgungsstruktur für ältere Menschen verantwortlich, ganz gleich, ob es um stationäre oder ambulante Betreuung geht (§ 9 SGB XI). Jedes Bundesland regelt das nach eigenem Modus. Meist sind das nur Finanzierungszuschüsse. Deshalb müssen die Pflegeheimträger die nicht übernommenen Kosten für den laufenden Betrieb, für Modernisierungen und Neubauten auf alle Bewohnerinnen und Bewohner umlegen.

Aber: „Kosten, die durch eine öffentliche Förderung gedeckt sind, dürfen nicht auf die Bewohner umgelegt werden“, erläutert der Bundesverband Verbraucherschutz. So könnte ein Automatismus entstehen: Je mehr die Länder von den Investitionskosten der Heime tragen, desto mehr sinkt der Eigenanteil der Bewohner.

Edeltraut Hütte-Schmitz, Vorstand des Vereins „wir pflegen“, sagte dem epd: „Sicherlich sinken die Eigenanteile, wenn die Investitionskosten von der öffentlichen Hand getragen würden. In der vollstationären Versorgung belaufen sie sich pro Monat auf einige hundert Euro.“ Allerdings sei ein finanzielles Engagement der Länder noch keine Garantie für niedrigere Eigenanteile. „In NRW werden die Investitionskosten von den Kreisen beziehungsweise kreisfreien Städten getragen, dennoch liegt das Land bei den Eigenanteilen im Ländervergleich im oberen Bereich“, betonte die Expertin.

Der Heimaufenthalt wird auch künftig teuer bleiben, denn die Länder wollen sich nicht stärker finanziell engagieren. Das belegt der kürzlich vorgelegte „Bericht der Länder zu Förderung und Investitionskosten von Pflegeeinrichtungen“, der vom IGES Institut in Berlin erstellt wurde – ein Konvolut an Zahlen und Tabellen, das über 80 Seiten zählt. „Insgesamt über alle Versorgungsbereiche, Förderarten und Länder zusammengenommen betrug das Fördervolumen für investive Aufwendungen im Jahr 2022 rund 876 Millionen Euro“, ist dort zu lesen. Damit ist die Gesamtfördersumme im Vergleich zum Vorjahr um rund sieben Millionen Euro gesunken, während zeitgleich die Zahl der Pflegebedürftigen auf knapp fünf Millionen gestiegen ist.

Die Länder, sofern sie sich in den standardisierten Interviewbögen für die Studie überhaupt äußerten, erwarten weiter steigende Eigenanteile. Die aber, das betonen Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen, „von den Pflegebedürftigen selbst zu tragen sind“. Rheinland-Pfalz erwartet die Verteuerung der Heimplätze schon wegen der „betriebsnotwendigen Investitionskosten durch verstärkte Klimaanpassungs- und/oder Klimaschutzmaßnahmen seitens der Pflegeeinrichtungen“. Und: Derzeit plane „das Land nicht, die gestiegenen Kosten für die pflegebedürftigen Personen mit einer erhöhten Investitionskostenförderung aufzufangen.“ Fast wortgleich äußerten sich Thüringen, das Saarland und Niedersachsen – schlechte Nachrichten für die Pflegebedürftigen in den Heimen.