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Warum der Friedenstreck an der türkischen Grenze feststeckt

Sie wollen 4.800 Kilometer mit ihren Pferden zurücklegen: von Brück bei Berlin nach Jerusalem. Doch seit einer Woche stockt der Friedenstreck an der Grenze zur Türkei.

Auf nach Jerusalem! Mit ein paar Pferdestärken startet der Treck in Berlin
Auf nach Jerusalem! Mit ein paar Pferdestärken startet der Treck in Berlinepd-bild / Rolf Zöllner

Auf dem Treck haben sie es sich zur Tradition gemacht: Jeden Morgen zum Start der Tour wird die Friedensglocke geläutet, die sie an ihrem Ziel in Jerusalem an eine Schule spenden wollen. Doch seit acht Tagen erklingt die Glocke morgens nicht mehr – weil der Treck nicht mehr vorankommt. 9 Pferde und 15 Menschen stecken an der Grenze zur Türkei fest.

Warum die türkischen Behörden die Einreise verweigern? “Wir wissen es nicht”, sagt Pfarrer Helmut Kautz, der den Treck organisiert. Ein Veterinärmediziner habe die Tiere untersucht und sein Einverständnis gegeben. Doch bei der letzten Kontrolle sei die Gruppe nicht durchgelassen worden. Kautz hat nun zwei Vermutungen: Es könne sich um ein Zollproblem handeln, weil die Beamten befürchteten, dass die Gruppe die Shetland-Ponys in der Türkei verkaufen wolle. Oder die Pferde als Transportmittel seien für die Behörden problematisch.

Friedenstreck: Unsicherheit und Hitze zerren an Nerven

Noch ist die Stimmung bei den Teilnehmenden gut, aber die Unsicherheit und die Hitze von 35 Grad zerren an den Nerven, erzählt Kautz. Eine große Hilfe sei die Gastfreundschaft der Grenzbeamten. Sie führe auch dazu, dass es den Tieren bestens gehe. Sie seien auf einer Wiese und bekämen regelmäßig ihr Futter. “Die Shetland-Ponys nehmen es einfach als eine Pause wahr”, sagt der Theologe aus Brandenburg.

Pfarrer Helmut Kautz hat den Friedenstreck organisiert
Pfarrer Helmut Kautz hat den Friedenstreck organisiertepd-bild / Rolf Zöllner

Gestartet ist der Friedenstreck am 6. Mai in Brück bei Berlin. Am 8. Mai, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa, ist die tierisch-menschliche Gruppe mit einer Feier am Brandenburger Tor auf die Reise geschickt worden. Ihre Mission: Sie wollen eine aus Militärschrott gegossene Glocke an die “Hand-in-Hand”-Schule in Jerusalem übergeben, wo jüdische, muslimische und christliche Kinder gemeinsam unterrichtet werden. In 13 Sprachen ist das Wort “Frieden” an den Rand der Glocke eingraviert.

Bis Weihnachten möchte die Gruppe an ihrem Ziel in Jerusalem angekommen sein. Noch gibt sich Kautz optimistisch. “Wir haben einen Puffer und sind im Zeitplan”, sagt der Pfarrer, der am vergangenen Wochenende für eine kurze Stippvisite in die deutsche Heimat zurückfliegen musste. Sollte es eng werden, würde es immer noch die Möglichkeit geben, die Pferde aufzuladen und so Boden gutzumachen.

Shetland-Ponys bei allen beliebt

Seit dem Start hat die Gruppe auf ihren Tagestouren von etwa 25 Kilometern eine “Welle der Begeisterung” erlebt, wie Kautz sagt. “Je ärmer die Bevölkerung war, umso mehr hat sie uns versorgt”, berichtet er. In Bulgarien sei sogar eine Trachtengruppe zu Ehren des Trecks aufgetreten. Eisbrecher seien immer die Shetland-Ponys, die besonders bei Kindern beliebt seien. Über Deutschland ging es für Mensch und Tier nach Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien bis zur EU-Außengrenze mit der Türkei.

25 Kilometer pro Tag legt der Friedenstreck zurück, wie hier durch ungarische Dörfer
25 Kilometer pro Tag legt der Friedenstreck zurück, wie hier durch ungarische DörferPrivat

Wenn der Friedenstreck die Grenze passieren darf, stehen 2.000 Kilometer durch die Türkei auf dem Plan, bevor der vermutlich heikelste Teil folgt – quer durch Syrien. Die syrischen Machthaber hätten der Gruppe schon eine Einladung geschickt. Aber natürlich habe man auch die Sicherheitslage in dem Land im Auge. “Wir sind im Kontakt mit deutschen Hilfsorganisationen vor Ort”, sagt Kautz. Bislang heben sie den Daumen. Doch das könne sich immer ändern. Für diesen Fall hat der Treck vorgesorgt: Dann würde es vom türkischen Mersin per Schiff nach Israel weiter gehen.

Vorerst aber heißt es: weiter warten an der türkischen Grenze. Ein zeitliches Limit hat sich die Gruppe nicht gesetzt. Und falls es doch nicht klappt, wollen sie umkehren. Doch auch das dürfte nicht ganz unproblematisch werden. Der Treck befindet sich bereits auf türkischem Gebiet und würde zurück in die EU einreisen – mit einer möglichen vierwöchigen Quarantäne für die Pferde.