Warum der Bilby zum australischen Osterhasen wurde

Aus der Antike kommt die Deutung des Hasen als Sinnbild von Lebenskraft, Wiedergeburt und Auferstehung. Mancher versteht dies als Wurzel der österlichen Hasensymbolik. Eigenschaften, die auch auf den Bilby zutreffen.

Noch ist Fastenzeit – aber Ostern rückt immer näher. Süße Schoko-Osterhasen und kuschelige Plüschhäschen sind in den Geschäften allgegenwärtig. In Australien hingegen sind Hasen unter Bauern und unter um Artenvielfalt besorgten Biologen und Umweltschützern regelrechte Hass-Tiere. Die von europäischen Siedlern eingeführten Hasen respektive Kaninchen haben sich mangels natürlicher Feinde wie die sprichwörtlichen Karnickel vermehrt. Hunderte Millionen Kaninchen fressen einheimischen Tierarten das Futter weg und bescheren der Landwirtschaft millionenschwere Verluste.

Der Hase als Ostersymbol ist daher down under nicht beliebt. Als putziger Ersatz ist wegen seiner langen Ohren aber seit Jahrzehnten der einheimische Bilby als „Osterbilby“ im Einsatz. Den Kaninchennasenbeutler gibt es in so manchen Geschäften aus Schokolade zu kaufen und aus vielen Kinderbüchern hat er den Osterhasen vertrieben.

Seine Karriere als Osterhasensubstitut hat der Bilby dem 2019 gestorbenen Frank Manthey zu verdanken. „Warum sollen wir ein Tier, das immensen Schaden angerichtet hat, auch noch feiern?“, fragte Manthey, der sich den Schutz des grau-pelzigen Beuteltierchens zu seiner Lebensaufgabe gemacht hatte. Genauer gesagt geht es um den Schutz und den Erhalt des „Greater Bilby“ – denn der Kleinere Bilby gilt bereits seit 1932 als ausgestorben. Der Lebensraum des Größeren Bilby schrumpft dramatisch. In New South Wales und Südaustralien ist der Beutler schon ganz verschwunden.

Für Manthey und den von ihm gegründeten „Save the Bilby Fund“ ging es um mehr als nur die Rettung des nachtaktiven Höhlenbewohners. So wie viele Tierschutzorganisationen mit „sexy Tierarten“ wie Orang-Utans oder Pandas für Arten- und Umweltschutz werben, schuf Manthey nämlich den „Osterbilby“, um auf die Gefahr für die australische Tierwelt durch invasive Arten deutlich zu machen.

Seit Beginn der europäischen Einwanderung vor über 200 Jahren sind down under 29 Tierarten ausgestorben, darunter der berühmte Thylacine, besser bekannt als Tasmanischer Tiger. Ein Drittel aller Arten, die weltweit in den vergangenen 500 Jahren ausgestorben sind, stammen laut Experten aus Australien.

Zerstörung tierischer Lebensräume, der Klimawandel und invasive Tierarten machen der australischen Flora und Fauna das Überleben schwer. Die verwilderten Nachfahren eingeschleppter Katzen und Füchse fressen sich mangels natürlicher Fressfeinde munter durch Australiens Tierwelt. Millionen Kaninchen knabbern bedrohten Arten wie dem Bilby den letzten Grashalm weg; eine Giftkröte macht Vögeln und Schlangen den Garaus. Die Umweltorganisation Australian Wildlife Conservancy schätzt, dass jährlich 75 Millionen Tiere Beute von rund 15 Millionen wilden Katzen werden.

Für die Bilbys gibt es aber eine Zukunft. In durch Zäune geschützten Gebieten können sie dank spendenfinanzierter Organisationen wie dem „Save the Bilby Fund“ und auch staatlicher Programme in Sicherheit vor Fressfeinden leben und sich vermehren. Viele Bilbys wurden in Zuchtprogrammen geboren und ausgewildert. „Die gute Nachricht ist, dass Bilbys sich schnell fortpflanzen und hervorragend ans Überleben in unserem rauen Outback angepasst sind. Die Chancen auf eine Erholung der Bestände stehen also außerordentlich gut, wenn wir ihnen nur diese Chance geben“, heißt es auf der Website des „Save the Bilby Fund“.

Die für ihren Einsatz zum Schutz der Schimpansen in Afrika berühmte Verhaltensforscherin Jane Goodall schrieb zum Tod von Manthey auf ihrer Website: „Für Frank gehörte zu den wichtigsten Dingen, Kinder aufzuklären, und er begann, mit einem zahmen, an Menschen gewöhnten Bilby Schulen zu besuchen. Im Lauf der Jahre besuchten Frank und seine Bilbys Hunderte Kinder in Schulen im gesamten Südwesten Australiens.“

Goodall, die Manthey Manthey zweimal persönlich getroffen hat, schreibt weiter: „Es ist so wahr, wie ich so oft gesagt habe: Nur wenn wir verstehen, können wir uns kümmern … Dank Frank werden Tausende Kinder mit dem Wunsch aufwachsen, die wilden Orte und Bilbys und alle anderen einheimischen Tiere zu retten.“