Mit der Nicht-Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf rückt die Richterbesetzung am Bundesverfassungsgericht in den Fokus: Die Wahl ist streng geregelt – auch um Verfassungsfeinde auszubremsen.
Wer auf welche Weise und von wem zum Richter oder zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts gewählt wird, ist detailliert geregelt: im Bundesverfassungsgerichtsgesetz und seit einigen Monaten auch im Grundgesetz selbst.
Aufgrund von Bedenken, dass Verfassungsfeinde das Gericht oder die Richterwahlen blockieren oder politisch instrumentalisieren könnten, verankerten der Bundestag und der Bundesrat im Dezember 2024 zentrale Regelungen zu Richterwahl, Status und zur Arbeitsweise des Gerichts direkt in der deutschen Verfassung, dem Grundgesetz.
Dem Bundesverfassungsgericht gehören 16, mindestens 40 Jahre alte Richter an, die sich auf zwei Senate verteilen. Die Amtszeit der Richterinnen und Richter beträgt zwölf Jahre, sie endet vorzeitig, wenn ein Richter 68 Jahre alt wird. Eine zweite Amtszeit ist ausgeschlossen.
Drei Richter jedes Senats müssen aus dem Kreis der Richter an einem obersten Bundesgericht gewählt werden, die übrigen benötigen nur die “Befähigung zum Richteramt”, also ein zweites juristisches Staatsexamen.
Gewählt werden die Richter abwechselnd vom Bundestag und vom Bundesrat, sie bestimmen auch abwechselnd den Präsidenten und den Vizepräsidenten des Gerichts. Dazu ist jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.
Nominiert werden die Kandidaten von den politischen Parteien. Dabei hat sich eine informelle Absprache entwickelt, wonach die verschiedenen Parteien abwechselnd Vorschlagsrechte haben. Bis zur nun (vorerst) gescheiterten Wahl der von der SPD vorgeschlagenen Richter-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf lief die Richterwahl in aller Regel geräuschlos ab.
Der Bundesrat wählt direkt die vorgeschlagenen Kandidaten. Im Bundestag gibt es ein mehrstufiges Verfahren: Zunächst wählt das Parlament einen Wahlausschuss mit zwölf Parlamentariern. Erhält ein Kandidat in diesem Ausschuss mindestens acht Stimmen, geht der Wahlvorschlag an den gesamten Bundestag. Hier ist dann eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.
Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz sieht auch Regeln vor, wenn sich der Ausschuss nicht einigen kann. Dann kann sich das älteste Ausschussmitglied an das Verfassungsgericht wenden und von dort Vorschläge erbeten.
Dies kam erst einmal vor: Im Mai 2025 benannten die Verfassungsrichterinnen und -richter selbst in geheimer Abstimmung drei Vorschläge als Kandidaten als Nachfolge für eine frei werdende Richterstelle und leiteten sie an den Bundestag weiter.
Mit der im Dezember beschlossenen Grundgesetzänderung zur Reform des Bundesverfassungsgerichts gibt es erstmals auch einen neuen Krisenmechanismus. Um eine Blockade der Richterwahl zu verhindern, wenn diese also beispielsweise zu lange dauert, kann das Wahlrecht jeweils an die andere Parlamentskammer wechseln. Dies ist bislang noch nie passiert, wird nun aber bei der Wahl von Brosius-Gersdorf diskutiert.