Wahlen in Panama und anderswo – Topthema Migration

Am Sonntag beginnt eine Reihe von Wahlen in Mittelamerika. Die Flucht Unzähliger vor Armut und Gewalt fordert die Gesellschaften der Region heraus. Und auch der Corona-Schock belastet die Wirtschaft weiter.

Praktisch bis zur letzten Sekunde musste Jose Raul Mulino warten. Erst am Freitagmorgen (Ortszeit) vermeldeten die Medien in Panama: Die Kandidatur des rechten Kandidaten ist verfassungskonform. Da die tags zuvor veröffentlichten Umfragen eine Führung für Mulino voraussagen, dürfte sein Sieg das wahrscheinlichste Szenario für die Präsidentenwahl am Sonntag (5. Mai) sein.

Mit dem Urnengang beginnt ein interessanter Reigen von Entscheidungen in der Region, die allesamt mehr oder weniger vom Thema Migration dominiert werden. Auf Panama folgt die Dominikanische Republik, wo der Zuzug aus dem krisengeschüttelten Nachbarland Haiti den Wahlkampf bestimmt. Im Juni folgt Mexiko – das den größten Einfluss auf das Migrationsmanagement im Süden der USA hat. Und schließlich im Juli Venezuela, Ausgangspunkt einer regelrechten Völkerwanderung mit acht Millionen Migranten seit dem Amtsantritt von Machthaber Nicolas Maduro.

Mulino sorgte Mitte April für Aufsehen, als er ankündigte, im Fall eines Wahlsiegs den Darien-Dschungel abzusperren und alle Migranten – unter Wahrung der Menschenrechte – zurückzuführen. Durch diesen Regenwald marschierten allein im Jahr 2023 rund 500.000 Menschen; seit Jahresbeginn sind es bereits wieder 120.000 Menschen. Das Ziel der meisten heißt USA. Der Weltmacht könnte ein Sieg Mulinos deshalb gelegen kommen.

Mit seiner spektakulären Ankündigung schaffte es Mulino in die internationalen Medien und lenkte von einem anderen Problem ab, das sein politisches Lager bislang überschatte. Mulino ist der Ersatzkandidat für den wegen Korruption und Geldwäsche verurteilten Ex-Präsidenten Ricardo Martinelli, der zwischenzeitlich in die Botschaft Nicaraguas floh. Seinen Anhängern machte das allerdings nichts aus; lange führte Martinelli die Umfragen an, ehe ihm die Justiz die Kandidatur untersagte – und Mulino einen Platz auf dem Wahlzettel nach oben rutschte.

Aus dem Vizepräsidenten-Kandidaten war der Kandidat für das Präsidentenamt geworden, der versuchte, die Debatte auf andere Themen zu lenken. Lange war unklar, ob der Kandidatenwechsel überhaupt möglich ist; erst am Freitag segnete die Justiz die Kandidatur nun ab. Derweil ließ Mulino aber bis zuletzt offen, wie er sein Versprechen, die Migration abzublocken, in der Praxis umsetzen will.

Ines Klissenbauer, Mittelamerika-Expertin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, blickt der Zukunft wenig zuversichtlich entgegen: “Kein Kandidat bietet eine Antwort auf die größer werdenden Probleme im Land und die zunehmende Verarmung”, sagt sie. Die drastischen Corona-Maßnahmen hätten das Land hoch verschuldet und zudem die Korruption weiterbefördert. Die Arbeitslosigkeit sei enorm hoch; die Kosten für Wohnung, Wasser, Gesundheit und Bildung explodierten. Zudem belasteten die Folgen von Klimawandel und Umweltzerstörungen das mittelamerikanische Land, so Klissenbauer.

Auch der katholische Geistliche Marco Tulio Gomez ist zurückhaltend. Er meint: “Vor der Wahl übertreffen die Befürchtungen die Hoffnungen in einer Bevölkerung, die in den vergangenen 30 Jahren abwechselnd von denselben korrupten Parteien regiert wurde.” Keiner der Kandidaten habe einen Vorschlag für eine Reform der Migrationspolitik, kritisiert Padre Gomez, der ein Partnerprojekt von Adveniat leitet.

Die öffentlichen Äußerungen reichten von Ignoranz bis zu offener Fremdenfeindlichkeit, so der Geistliche. Migration werde weiter allein als Frage der Sicherheit betrachtet. Menschen, die lebend aus dem Darien-Dschungel kommen, würden vom Militär in Lagern festgesetzt und anschließend in Bussen Richtung Norden an die Grenze zu Costa Rica gekarrt. Auch diese kleine Chance auf Weiterreise würde Wahlfavorit Mulino künftig nicht mehr zulassen, sollte er als Präsident das Gebiet gegen Migranten vollständig abriegeln. Ob die politischen Voraussetzungen dafür demnächst gegeben sind, wird sich nach dem Wahlsonntag zeigen.