Wahl in Tunesien: Sieg von Amtsinhaber Saied zeichnet sich ab
Bei der Präsidentenwahl in Tunesien zeichnet sich erwartungsgemäß ein Sieg von Amtsinhaber Kais Saied ab. Allerdings war die Beteiligung bei der Abstimmung am Sonntag deutlich geringer als vor fünf Jahren und lag nur bei knapp 28 Prozent, wie die Wahlbehörde ISIE bekanntgab. 2019 hatte sie im ersten Wahlgang fast 49 Prozent betragen.
Einer Nachwahlbefragung zufolge, die im tunesischen Staatsfernsehen vorgestellt wurde, kam Saied auf fast 90 Prozent der Stimmen. Neben Saied waren noch zwei weitere Bewerber angetreten: der links-nationalistische Zouhair Maghzaoui und der liberale Ayachi Zammel. Dieser war wegen Unregelmäßigkeiten bei Unterschriften zur Unterstützung seiner Kandidatur zu mehr als zehn Jahren Haft verurteilt worden und sitzt im Gefängnis. Seine Unterstützer sprechen von politisch motivierten Verfahren.
Die beiden Herausforderer riefen am Montag dazu auf, das offizielle Ergebnis abzuwarten. Die Umfrage entspräche nicht ihren Informationen von den Auszählungen.
Auch der Wahlkampf war von mehreren juristischen Auseinandersetzungen überschattet. Daher kamen bereits vor der Abstimmung Zweifel an deren Legitimität auf. Mehrere von der Wahlbehörde abgelehnte Kandidierende hatten Widerspruch gegen ihre Ablehnung eingereicht, dreien von ihnen gab das zuständige Verwaltungsgericht recht. Die ISIE, deren Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden, weigerte sich jedoch, die drei Kandidaten ins Rennen aufzunehmen. In Folge verabschiedete das Parlament noch zehn Tage vor der Wahl eine Gesetzesänderung und entzog dem Gericht die Zuständigkeit für Wahlanliegen, um zu verhindern, dass es die Abstimmung im Nachhinein für ungültig erklären würde.
Saied war im Oktober 2019 im zweiten Wahlgang mit 73 Prozent der Stimmen gewählt worden. Seitdem hat er nach und nach immer mehr Macht auf sich vereint. 2022 ließ er über eine neue Verfassung abstimmen, die dem Präsidenten wesentlich mehr Befugnisse zugesteht. Unabhängige staatliche Institutionen wurden seitdem zunehmend unter direkte Kontrolle der Regierung gestellt, Dutzende Oppositionelle wegen mutmaßlicher Umsturzpläne festgenommen.