Wahl in Pakistan: Unabhängige Kandidaten stärkste Kraft

Bei der Parlamentswahl in Pakistan sind nach der Auszählung der meisten Wahlkreise die unabhängigen Kandidaten mit aktuell 74 Sitzen stärkste Kraft geworden. Der größte Teil dieser Kandidaten sind Anhänger des inhaftierten Ex-Premiers Imran Khan und seiner Partei PTI, deren Mitglieder nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs nur als unabhängige Kandidaten antreten konnten.

Pakistans ehemaliger Premierminister Nawaz Sharif (74) erklärte am Freitag laut pakistanischen Medien den Sieg bei den Parlamentswahlen, die von vielen Pakistanern und Menschenrechtsgruppen als weder frei noch fair bezeichnet wurden. Seine Partei PML-N habe nach derzeitigem Auszählungsstand 52 Sitze gewonnen. Er werde mit der PPP(P) von Bilawal Bhutto Zardari (36), die derzeit auf 38 Sitze kommt, über die Bildung einer Koalitionsregierung verhandeln, sagte Sharif.

Mit Stand 20 Uhr deutscher Zeit lagen die Ergebnisse von 183 der 266 Wahlbezirke vor. Nach der Wahl am 8. Februar hatte sich die Auszählung der Stimmen stundenlang verzögert. Der Wahltag war von Gewalt, Unregelmäßigkeiten in den Wahllokalen und der Abschaltung von Internet und Mobilfunk überschattet.

Sharif als aussichtsreicher Anwärter auf den Posten des Premierministers war bereits dreimal Regierungschef von Pakistan. Im Oktober 2023 kehrte der Spross einer schwerreichen Unternehmerdynastie nach vier Jahren im Exil nach Pakistan zurück. Sharif war nach Großbritannien geflohen, um Gefängnisstrafen wegen seiner Verurteilung in mehreren Korruptionsfällen zu entgehen. Nach seiner Rückkehr wurde Sharifs Verurteilung wegen Korruption aufgehoben.

Die Wahl und die Bildung einer neuen Regierung fanden in dem mehrheitlich islamischen, von Gewalt und Terror geplagten Pakistan in einer schwierigen Zeit statt. Die Atommacht steckt in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. In einem Bericht der Weltbank heißt es: „Die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen haben (2023) zusammen mit rekordhohen Energie- und Lebensmittelpreisen, geringeren Einkommen und dem Verlust von Ernten und Vieh aufgrund der Überschwemmungen im Jahr 2022 die Armut deutlich erhöht. Die Zahl der in Armut lebenden Personen liegt schätzungsweise bei 39,4 Prozent.“

Die neue Regierung muss laut Experten zur Vermeidung eines Staatsbankrotts so schnell wie möglich ein weiteres Rettungspaket mit dem Internationalen Währungsfonds vereinbaren. Reza Baqir, ein ehemaliger Direktor der Staatsbank von Pakistan, sagte am Wahltag dem Wirtschaftsportal „Business Recorder“, Pakistan müsse in den nächsten fünf Jahren Kredite in Höhe von sieben Milliarden US-Dollar an den IWF zurückzahlen. Die Devisenreserven betrügen aber derzeit nur acht Milliarden Dollar.