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Waffen aus den Emiraten für den Krieg im Sudan

Im Wochentakt werden neue Gräueltaten aus dem Sudan gemeldet. Im Januar etwa wurden bei einem Luftangriff der RSF-Miliz auf einen Markt in der Stadt Omdurman Dutzende Zivilisten getötet – wenige Tage nachdem in der Darfur-Region ein Krankenhaus von einem Drohnenangriff getroffen worden war.

Der Generalsekretär von „Ärzte ohne Grenzen“, Christopher Lockyear, war nach dem Angriff auf den Markt in Omdurman in einem nahegelegenen Krankenhaus. Er habe die „Szene eines völligen Gemetzels“ gesehen, sagte er: „Es ist ein weiteres tragisches Beispiel für diesen unerbittlichen Krieg gegen die Menschen.“

Seit fast zwei Jahren bekämpfen sich die paramilitärischen RSF („Rapid Support Forces“) und die Armee im Sudan. Dass der Krieg so lange andauert, dürfte auch mit der Einmischung ausländischer Akteure zusammenhängen. Vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) haben den Konflikt mit ihrer Unterstützung für die RSF befeuert.

Dabei reichen die Verbindungen zwischen den VAE und der RSF-Miliz länger zurück. Das Geld, das ihr Anführer Mohamed Hamdan Dagalo, genannt „Hemeti“, aus den VAE für den Einsatz von Söldnern in Kriegen im Jemen und Libyen bekommen habe, habe die Miliz stark gemacht, sagt der Historiker und Sudan-Experte Roman Deckert. Im Sudan habe der Golfstaat an Ressourcen wie Gold und fruchtbarem Ackerland großes Interesse. Die VAE könnten sich diesen Zugang nur sichern, solange die RSF eine Institution im Sudan seien, sagt der Analyst, der unter anderem für die Denkfabrik „Media in Cooperation and Transition“ (MiCT) arbeitet.

Recherchen der „New York Times“ machten bereits im September 2023 auf Waffenlieferungen aus den VAE für die RSF aufmerksam. Auch laut einer Expertengruppe der Vereinten Nationen gibt es glaubhafte Belege dafür, dass Waffen aus den VAE über den Tschad in den Sudan gelangt sind.

Zain Hussain vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri sagt: „Uns sind Berichte bekannt, wonach die VAE Waffen an die RSF liefern, doch fehlen in öffentlich zugänglichen Quellen oft wichtige Informationen über die tatsächliche Lieferkette.“

Zwar geben sich die Anführer der RSF-Miliz nach außen gerne staatsmännisch, verhandlungsbereit und an Frieden interessiert – zum Beispiel in den sozialen Netzwerken. Aber Menschenrechtsorganisationen werfen den Verbündeten der VAE Vertreibungen, Vergewaltigungen und Massaker vor. Anfang Januar bezichtigte der frühere US-Außenminister Antony Blinken die RSF-Miliz sogar des Völkermords. Deren Kämpfer hätten Männer und Kinder systematisch aufgrund ihrer ethnischen Herkunft ermordet und Frauen gezielt vergewaltigt, erklärte Blinken.

Über die VAE führt eine Spur aus dem Sudan auch nach Europa. Eine Amnesty-Recherche kam vergangenen November zu dem Schluss, dass französische Militärtechnologie über die VAE in die Hände der RSF gelangt sein soll. Konkret ging es um ein Abwehrsystem der französischen Waffenschmiede „Lacroix Defense“, das in von den VAE hergestellten gepanzerten Fahrzeugen verbaut war. Dabei sind seit 1994 Waffenexporte aus der EU in jegliche Landesteile des Sudan verboten.

Für die besonders stark von Kämpfen betroffene Darfur-Region gilt seit den ethnisch motivierten Massakern von 2004 sogar ein striktes Waffenembargo des UN-Sicherheitsrates. Doch die VAE hätten schon mehrmals gegen Embargos verstoßen, unter anderem beim Krieg in Libyen, sagt die Politikwissenschaftlerin Hager Ali vom Hamburger Giga-Institut für Global- und Regionalstudien.

Trotzdem liefert auch Deutschland Waffen und Rüstungsgüter in die Vereinigten Arabischen Emirate. Vergangenes Jahr wurden laut Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums Rüstungsexporte im Wert von rund 146 Millionen Euro genehmigt, darunter Handfeuerwaffen, Munition und Raketen.

Konkrete Hinweise auf die Verwendung dieser deutschen Rüstungsgüter in dem Krieg im Sudan gibt es nicht. Trotzdem hält der Sudan-Experte Deckert die Waffenlieferungen an die VAE für untragbar. Deutschland müsse die Rüstungsexporte stoppen, sagt er. Das Bundeswirtschaftsministerium hingegen verweist auf die sorgfältige Prüfung. Das Weiterleitungsrisiko werde „bei der Entscheidung über die Genehmigung eines Rüstungsexports berücksichtigt“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums dem Evangelischen Pressedienst (epd).