Vor 70 Jahren wurde die erste Parkuhr in Deutschland aufgestellt

Wie viel Auto verträgt eine Stadt? Da gehen die Ansichten auch heute noch weit auseinander. Das Thema ist ähnlich umkämpft wie freie Parkplätze in City-Nähe. Duisburg setzte Anfang 1954 auf eine Innovation aus den USA.

„Ich drehe schon seit Stunden / Hier so meine Runden / Es trommeln die Motoren / Es dröhnt in meinen Ohren / Ich finde keinen Parkplatz / Ich komm‘ zu spät zu Dir mein Schatz.“ Nicht nur Herbert Grönemeyer kann ein Lied davon singen, wie quälend es ist, in übervollen Innenstädten nach einem Abstellplatz fürs Auto zu suchen. Das Problem existierte offensichtlich schon lange, bevor der Musiker 1984 mit „Mambo“ einen Hit landete. Vor 70 Jahren, am 4. Januar 1954, trug das „Parkraumbewirtschaftungskonzept“ von Duisburg Früchte. Im Ruhrpott wurde die erste Parkuhr Deutschlands aufgestellt.

„Da der Parkraum begrenzt war und man viele Leute in die Stadt locken wollte, musste die Parkzeit begrenzt werden“, erläutert der Sprecher der Stadt Duisburg, Sebastian Hiedels, die Grundidee. Auf der Beliebtheitsskala rangierte das neuartige Stadtmöbel allerdings von Anfang an eher auf den hinteren (Park-)Plätzen: „Die Menschen waren natürlich nicht sehr davon angetan, dass das Parken, das sie bislang gratis in Anspruch genommen hatten, plötzlich etwas kosten sollte.“

Erfunden hatte das Gerät der US-Amerikaner Carlton Cole Magee (1872-1946). Angeblich waren dem Anwalt und Verleger Dauerparker in seinem Wohnort Oklahoma City ein Dorn im Auge. Am 13. Mai 1935 meldete er das Patent auf die Mutter aller Parkuhren an, die er – aus welchen Gründen auch immer – auf den Namen „Black Maria“ taufte. Obwohl das Patent erst drei Jahre später erteilt wurde, stand das erste „Coin controlled parking meter“ bereits am 16. Juli 1935 in der Stadt. Da zahlte sich aus, dass Magee den Verkehrsausschuss in Oklahoma City leitete.

In Europa waren nur Stockholm und Basel schneller dran als Duisburg. Doch bald zogen andere Städte nach. Die ersten „Parkographen“ kosteten 400 D-Mark. Nutzer mussten 10 Pfennig – umgangssprachlich „Groschen“ geheißen – in den Schlitz des Apparates werfen, woraufhin dann hinter einer Glasscheibe ein Schild mit einem weißen „P“ auf blauem Grund erschien und ein Uhrwerk die Zeit herunterzählte.

Duisburg leistete sich gleich 20 dieser „Groschengräber“, musste allerdings bereits am 8. Januar 1954 einen ersten Abgang verzeichnen. Der NWDR, Vorgänger des WDR, wollte den Fernsehzuschauern das Gerät vorstellen. Die Testparkerin gab zu viel Gas und senste die Säule um. Ein Missgeschick – aber leider kein Einzelfall. Deutlich häufiger tobten sich allerdings Vandalen an den Parkuhren aus. Parksünder setzten sie mit Kaugummi, Stricknadeln oder anderen Utensilien außer Gefecht.

In New York sorgten die Apparate noch 2005 für heiligen Zorn. Katholiken liefen gegen die Parkuhr-Pflicht am Sonntag Sturm. Oft seien sie gezwungen, während oder direkt nach der Messe zum Auto zu hasten, berichteten Medien damals. Grund: Die Uhren nahmen nur Geld für eine Stunde auf. In Deutschland bekamen den Ärger gern auch die Politessen ab, eine Verschmelzung der beiden Begriffe „Polizei“ und „Hostesse“. Der Beruf entstand mit Einführung der Parkuhr und verfügte aus Gründen der Geschlechtergerechtigkeit auch über eine wenig bekannte männliche Form: „Politeur“.

Heute spricht man von „Verkehrsüberwachungskräften“. Die gibt es immer noch, Parkuhren dagegen kaum mehr. Weswegen ein Vergleich von Trainer-Legende Max Merkel für jüngere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer vielleicht erklärungsbedürftig ist. Der bezeichnete nämlich einmal den Fußballer Mario Basler als teuerste Parkuhr der Welt. Warum das? Basler, unter anderem beim FC Bayern tätig, galt als wenig lauffreudig.

An die Stelle von Parkuhren sind in Deutschlands Innenstädten Parkautomaten getreten. Der Parkraum ist knapper denn je. In Duisburg waren vor rund 70 Jahren rund 22.000 Kraftfahrzeuge zugelassen; heute fahren mehr als 300.000 durch die Stadt, wie Sprecher Hiedels vorrechnet. Das gibt nicht nur angesichts des Klimawandels zu denken. So oder so: Mit einem lausigen Groschen kommt der Parker nicht mehr weit, sofern er nicht im saarländischen St. Ingbert wohnt. Dort ist das Kurzzeitparken laut einer im Sommer veröffentlichten Statistik kostenfrei. Auf dem nächsten Platz folgt Frankfurt an der Oder mit 25 Cent pro Stunde.