Vor 125 Jahren: Rene Magritte geboren – Meister des Surrealismus

Er war Sur-Realist mit Hang zum Humor. Mit seinen oft illusionistischen Traum-Bildern wollte Rene Magritte nicht einschläfern, sondern aufwecken. Das Werk des vor 125 Jahren geborenen Künstlers gibt bis heute Rätsel auf.

Ein riesiges Auge blickt den Betrachter an. Die schwarze Pupille umringt eine himmelblaue Iris mit freundlichen Kumuluswolken. Und doch wirkt Rene Magrittes Werk „Der falsche Spiegel“ irgendwie beunruhigend. Das Gemälde sehe „ebenso viel …, wie es gesehen wird“, lieferte Magrittes Künstlerkollege, der Fotograf Man Ray, die Erklärung: Der Betrachter scheint gefangen von dem Auge, das sich jedoch als leer erweist.

„Der falsche Spiegel“ (1929) ist typisch für viele Werke Magrittes, belgischer Hauptvertreter des Surrealismus. Hauptziel dieser zunächst literarischen Strömung war es, herkömmliche Erfahrungs-, Denk- und Sehgewohnheiten zu erschüttern, Traum, Fantasie und Wirklichkeit zu einer Art Über-Realität zusammenfügen. Magritte: „Meine Werke gehören nicht der Traumwelt an, im Gegenteil“; es handele sich vielmehr um „Träume, die nicht einschläfern, sondern aufwecken wollen“. Dies gelang dem Künstler, indem er zwar naturalistische Darstellungen von Gegenständen malte, aber durch ungewöhnliche Kombination verfremdete.

„Surrealist sein bedeutet, das bereits Gesehene aus dem Geist zu verbannen und das noch nicht Gesehene zu suchen“, so Magritte, der am 21. November 1898, vor 125 Jahren, in Lessines in der wallonischen Provinz Hennegau geboren wurde. Mit zwölf Jahren beginnt der Sohn eines Schneiders und einer Hutmacherin zu malen und zu zeichnen. Seine Mutter nimmt sich 1912 aus unbekannten Gründen das Leben; ein traumatisches Erlebnis für den Halbwüchsigen, der dabei ist, als man sie aus dem Wasser zieht. Magritte flüchtet sich in die Welt der Fantomas-Romane sowie der fantastischen Literatur von Robert Louis Stevenson oder Edgar Allan Poe.

Nach dem Abitur studiert er an der Königlichen Akademie der schönen Künste in Brüssel und schafft kubistisch-futuristisch beeinflusste Arbeiten. 1922 heiratet er seine Jugendliebe Georgette Berger (1901-1986) und verdient den Lebensunterhalt mit dem Zeichnen von Werbeplakaten und Tapetenmustern.

Der Kunsthändler Edouard Leon Theodore Mesens führt den jungen Maler in die dadaistische Bewegung ein; Magritte entwickelt seinen eigenen Stil. Durch Verträge bei der Brüsseler Galerie „Le Centaure“ kann er sich ab 1926 ausschließlich auf seine Kunst konzentrieren.

1927 zieht er mit seiner Frau nach Paris, wo er sich einem Künstlerkreis von Surrealisten anschließt. Unter anderem entsteht eines seiner bekanntesten Werke, „Der Verrat der Bilder“: eine detailgenau gemalte braune Pfeife, darunter der Satz: „Dies ist keine Pfeife“. Ein Bild sei nicht zu verwechseln mit einer Sache, so der Künstler: „Können Sie meine Pfeife stopfen? Natürlich nicht! Sie ist nur eine Darstellung. Hätte ich auf mein Bild geschrieben, dies ist eine Pfeife, so hätte ich gelogen. Das Abbild einer Marmeladenschnitte ist ganz gewiss nichts Essbares.“

Nach Magrittes Rückkehr 1930 nach Brüssel stellt er erstmals im Palast der Schönen Künste sowie unter anderem in New York, Paris und Italien aus. Er ist mit Künstlern wie Max Ernst, Hans Arp, Paul Delvaux und Salvador Dali befreundet. Doch anders als etwa der kapriziöse Dali bleibt Magritte zeitlebens ein einfacher, fast spießiger Mann ohne Allüren. Er malt in seinem Haus, das heute ein Museum ist, gerne in Anwesenheit seines Hundes.

1956 erhält Magritte den Guggenheim-Preis; 1959 nimmt er an der documenta II in Kassel teil. Er schreibt für Zeitungen, dreht Kurzfilme, tritt in die Kommunistische Partei Belgiens ein – und wieder aus. Magrittes Malerei und Denken beeinflusst Strömungen wie die Pop Art und die Konzeptkunst. Am 15. August 1967 stirbt der Künstler in Brüssel – unerwartet – mit 69 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Viele seiner Werke haben heute ikonischen Charakter, prangen als Poster in Wohnzimmern oder gemalt an Hausfassaden. So etwa sein Motiv der schwarzen Männer-Silhouette mit Hut, versehen mit den berühmten Wölkchen auf Himmelblau oder mit einer Taube, einem Apfel oder einem weißen Tuch vor dem Gesicht. Auch regen sie zu genauem Hinschauen an: „La Condition Humaine“ (1933) zeigt eine Landschaft vor einem Fenster. Oder ist der Fensterrahmen nicht vielmehr eine Staffelei, auf der ein Landschaftsgemälde steht?

Verblüffend sind auch Magrittes illusionistische Einfälle. Den Sammler Edward James malte er 1937, in einen Spiegel schauend. Im Spiegelbild sieht man den Porträtierten jedoch nicht von vorn, sondern paradoxerweise ebenfalls als Rückenansicht. Rene Magritte: „Alles in meinen Arbeiten kommt aus der Gewissheit, dass wir in Wirklichkeit Teil eines rätselhaften Universums sind.“