Vor 100 Jahren wurde Schauspieler Marlon Brando geboren

Bruce Springsteen besang seinen Gang in „A Saint in the City“. Mit John F. Kennedy frotzelte er herum, James Dean ermahnte er, seine Jacke richtig aufzuhängen. Marlon Brando spielte stets in einer eigenen Gewichtsklasse.

Bei US-Schauspieler Marlon Brando geraten Cineasten immer noch ins Schwärmen. „Er hatte alles, was es braucht“, schreibt Patrick Holzapfel in einem soeben veröffentlichten Beitrag auf dem Portal filmdienst.de. „Eine jede Szene dominierende Präsenz, eine natürlich aus ihm strahlende Attraktivität, eine Körperlichkeit, die man nie vergisst, eine unverkennbare Stimme.“ Vor 100 Jahren, am 3. April 1924, wurde Brando in Omaha (Nebraska) geboren.

Kritikern gilt der 2004 gestorbene US-Amerikaner als einer der besten Schauspieler des 20. Jahrhunderts. Sein Name ist verknüpft mit einigen der größten Kassenschlager aus Hollywood wie „Der Pate“ und „Apocalypse Now“. Doch trotz einer mitunter schier unglaublichen Präsenz auf der Leinwand blieb er nicht nur sich selbst „ein Rätsel in dieser verwirrenden Welt“, wie er in seiner Autobiographie schrieb.

Wer war der Mann, dessen Charme die Frauen reihenweise erlagen und der zugleich damit kokettierte, Priester werden zu wollen? Der in Kassenschlagern wie „Endstation Sehnsucht“ (1951) und „Meuterei auf der Bounty“ (1962) mitspielte, aber den beim Publikum durchgefallenen Antikolonialismus-Streifen „Queimada“ (1969) als einen seiner besten Filme sah? Und der seinen Konkurrenten im Fach des jugendlichen Hollywood-Rebellen, James Dean, zu korrektem Benehmen aufforderte: „Du musst die Jacke nicht in die Ecke schmeißen. Es ist viel leichter, sie aufzuhängen, als sie vom Boden aufzuheben.“

Truman Capote beschrieb den Schauspieler wenig schmeichelhaft bereits 1956 als süchtig nach Anerkennung. Brando sei zwar ein Genie, aber „nicht übermäßig intelligent“. Zeitlebens war dieser bei Regisseuren und Kollegen gleichermaßen gefürchtet wegen seiner Allüren. Bei den Dreharbeiten zu „Die Gräfin von Hongkong“ (1967) drohte er Charlie Chaplin mit Abreise, weil der es wagte, vor versammelter Mannschaft Brandos verspätetes Erscheinen am Set anzuprangern.

Immer wieder Schlagzeilen machte er mit seinem stark wechselnden Gewicht. „Sie werden zu dick für die Rolle“, soll John F. Kennedy einmal gefrotzelt haben. Auf die Frage, welche Rolle Kennedy denn meine, antwortete der spätere US-Präsident: „Unwichtig. Wichtig ist Ihr Speck.“

Der Star schob solche Exzesse nach jahrelangen Psychotherapien gern auf eine schwierige Kindheit. Beide Eltern seien Alkoholiker gewesen. Trost gespendet habe oft nur der Griff in den Kühlschrank, wo der Apfelkuchen ihm zugeraunt habe: „Sei so nett und hol mich hier raus, und Kamerad Käse kannst du auch gleich mitnehmen.“

Doch es gab da noch einen anderen Brando, der sich bis an den Rand des finanziellen Ruins für andere einsetzte; der die schwarze Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King unterstützte oder sich für die Rechte der Indigenen Amerikas stark machte. Themen, die noch heute politische und gesellschaftliche Debatten in den USA prägen.

Den Oscar für seine Rolle im „Paten“, seinen zweiten, nahm Brando nicht persönlich entgegen. Stattdessen schickte er die Aktivistin Sacheen Littlefeather 1973 zur Preisverleihung. Sie sollte in seinem Namen gegen eine Benachteiligung der Indigenen in der Filmindustrie protestieren. An Hollywoods Starkult rieb sich Brando beständig. „Von jedem Schauspieler wurde erwartet, den Klatschkolumnisten schönzutun, eine glückliche Miene zur Schau zu tragen, ihnen Leckerbissen aus seinem Leben aufzutischen, das Spiel mitzuspielen.“ Im Gegenzug habe es günstige Artikel gegeben. Brando nannte das „falsch“ und „erniedrigend“.

Tragischerweise konnte es der Schauspieler nicht verhindern, dass gegen Ende seines Lebens dramatische Details aus seinem Privatleben in die Schlagzeilen kamen, so wie der Suizid seiner Tochter Cheyenne 1995. Filmprojekte rückten zusehends in den Hintergrund. Drei Jahre vor seinem Tod war er im Gespräch für die Hauptrolle in einem Film über Johannes XXIII.

Vom verhinderten Priester zum Papst – da hätte sich in gewisser Weise ein Kreis geschlossen. Doch dazu kam es nicht mehr. Was bleibt, sind rund 40 Filme des Superstars und das Credo von Regisseur Elia Kazan: Bei Brando habe man immer auf ein Wunder gehofft, „und es geschah dann auch sehr oft“.