„Jesus liebt“: Rosa von Praunheim stellt jetzt in Hamburg aus

Die queere Ausstellung „Jesus liebt“ in einer Nürnberger Kirche hat für einen Eklat gesorgt. Jetzt zeigt Rosa von Praunheim die Bilder in Hamburg – sicherheitshalber in einer Galerie.

Rosa von Praunheim zeigt seine Ausstellung "Jesus liebt" in Hamburg
Rosa von Praunheim zeigt seine Ausstellung "Jesus liebt" in HamburgImago / Fotostand

Die Ausstellung „Jesus liebt“ des schwulen Künstlers Rosa von Praunheim ist jetzt in Hamburg zu sehen. Die Schau, die sich mit Liebe, Sexualität und Homosexualität im Christentum und der Kirche auseinandersetzt, wird bis zum 4. Januar 2024 in Nissis Kunstkantine in der Hafencity gezeigt. „Zum ersten Mal werden die einzigartigen Werke von Praunheims im Norden präsentiert“, freut sich Galeristin Nisvican Roloff-Ok (Nissi).

In einer Kirche wollte Rosa von Praunheim seine Bilder nicht mehr ausstellen. „Ich zeige sie jetzt lieber in Galerien“, sagt der Aktivist, Maler und Filmkünstler. Nur wenige Tage nach der Eröffnung in der Nürnberger Kirche St. Egidien wurde seine queere Ausstellung wegen heftiger Kontroversen geschlossen und in eine Galerie verlegt. Gestört hat das den 81-jährigen Künstler nicht, im Gegenteil: „Es hat mich gefreut, dass die Ausstellung so zum Skandal wurde.“ Er will Diskussionen.

von Praunheim – „jetzt sind’s nackte Männer“

Für Galeristin Nissi ist Freiheit in der Kunst das Wichtigste. „Auch Vielfalt spielt eine große Rolle“, sagt die Kunstexpertin, die bereits Werke von blinden oder geistig behinderten Menschen, etablierten und unbekannten Künstlern ausgestellt hat. Und doch ist Rosa von Praunheim für sie etwas Besonderes – allein schon wegen der Motive: „Andere Künstler malen vor allem erotische Frauenbilder, jetzt sind es nackte Männer“, lacht Nissi. In den Bildern gehe es um Liebe und Sexualität, insbesondere um Homosexualität. Kritisch und unverblümt beschäftigen sich die 30 Bilder von Praunheims „mit repressiver Religion und befreiter Sexualität, Liebe und Tod“, erklärt die Galeristin.

 

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Für seine Bilder hat der Regisseur und Künstler religiöse Kitschmotive aus dem Internet mit schrillen Farben verarbeitet, kritisch abgeändert und untertitelt. „Wir sind seit Jahrhunderten mit den Kitschbildern der Kirche beschallt worden“, sagt von Praunheim, der darin eine „Volksverdummung“ durch die Kirche sieht. In seinen „Jesus liebt“-Kunstwerken zeigt er unter anderem den früheren Papst Benedikt XVI., der von homosexuellen Männern umgeben ist, und eine Jesus-Figur, die diese beim Sex zu segnen scheint. Dass sich manche Menschen davon in ihrem religiösen Empfinden beleidigt fühlten, könne er durchaus nachvollziehen. Er selbst sei katholisch aufgewachsen. „Als ich älter wurde und schwul lebte, wandte ich mich ganz von der Kirche ab. Ich war ja ein Todsünder“, erzählt der Berliner.

Der 81-Jährige, der mit bürgerlichem Namen Holger Mischwitzky heißt, gilt als ein Wegbereiter der politischen Schwulen- und Lesbenbewegung in Deutschland. Mit seinem Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ löste er 1971 einen Skandal aus und wurde zum Mitbegründer der politischen Schwulen- und Lesbenbewegung in der Bundesrepublik. In über 50 Jahren drehte er mehr als 150 Kurz- und Langfilme über Themen wie Homosexualität, New York und Aids. Er outete prominente Schwule und stieß damit die öffentliche Diskussion über sexuelle Identität und Rechte an. Auch heute noch setzt sich von Praunheim für die LGBTQ+-Bewegung und soziale Gerechtigkeit ein. „Es hat sich schon viel verbessert, aber es gibt immer noch viel zu tun“, sagt von Praunheim.

Keine Stellwände vor umstrittenen Bildern

Dass von Praunheims Ausstellung in Hamburg für große Diskussionen sorgen wird, glaubt die erfahrene Galeristin Nissi nicht. „Hamburg ist doch eine offene Stadt, nicht zuletzt haben wir die Reeperbahn und eine aktive queere Szene.“ Sie werde auf jeden Fall keine schützende Stellwand vor den umstrittenen Bildern mit sexuellen Aktivitäten platzieren. Nissi: „Wir müssen doch 2023 offen damit umgehen können, dass es verschiedene Leidenschaften und verschiedene Lieben gibt.“ Nur bei ihren Posts für die sozialen Medien müsse sie etwas aufpassen, sagt Nissi und schmunzelt: „Da dürfen Bilder ja nicht zu freizügig sein.“