Von der positiven Kraft der Posaune

Vor 40 Jahren gründet Jens Jensen einen kirchlichen Posaunenchor in Schleswig-Holstein. Es folgen Jahre mit Konzerten, Reisen und viel Gemeinschaftssinn. Nun ist Schluss.

Jens Jensen spielt auch mal im eigenen Garten in Neumünster
Jens Jensen spielt auch mal im eigenen Garten in NeumünsterThorge Rühmann

Bokhorst. Im Jahr 1982 hören Jugendliche wohl eher AC/DC als Posaunen­musik. Trotzdem fand ein junger Streifenpolizist aus Neumünster genügend Teenager im Umkreis, um eine Posaunengruppe zu gründen.  Jetzt, nach vier Dekaden, gibt Jens Jensen die Leitung des Posaunenchores der Kirchengemeinde Bokhorst ab – und wirft einen Blick vor und zurück.

Ursprünglich komme die kirchliche Bläsermusik aus der Militär­musik, schildert Jensen. Sie sei zunächst als Ergänzung zur Orgel gedacht gewesen. „Wenn man etwas unter freiem Himmel oder in Räumen ohne Orgel spielen wollte, war das natürlich ein großer Vorteil.“ Das habe sich vor allem während der Pandemie als Vorteil erwiesen: „Wie oft haben wir als Quartett draußen geblasen, weil in der Kirche nicht gespielt und gesungen werden durfte“, erinnert er sich.

Auf einmal viel Leben

1982 hatte er in der Region in und rund um Einfeld, einem Stadtteil von Neumünster, angefragt, ob eine Kirchengemeinde Interesse an der Gründung eines Posaunenchors hätte. In Bokhorst stieß das auf offene Ohren – und so lud er dort die Jugendlichen ein, die Blasmusik kennenzulernen. „Vorher gab es dort gar nichts – keinen Chor, keine Pfadfinder. Mit einem Mal kam Leben rein“, erinnert er sich.

Jens Jensen als Türmer in Neumünster

Instrumente lieh sich die Gruppe zunächst von anderen Gemeinden aus. „Ich war ziemlich frei darin, umzusetzen, was ich machen wollte. Der Pastor hat mich machen lassen.“ Gleich im ersten Jahr sind wir über die Dörfer gezogen und haben zu Weihnachten draußen gespielt. Die Leute kamen aus ihren Häusern und gaben uns fünf D-Mark.“ Bald waren es zwei Gruppen, dann wurde es immer mehr. Zu den Hochzeiten hatte der Verein bis zu 50 Mitglieder.

Im Gespräch lässt Jensen Revue passieren, wo „sein“ Chor überall aufgetreten ist – entweder das komplette Ensemble oder auch mal nur einige Mitglieder daraus. Die Liste ist lang.

Mit dem Chor auf einem Floß

Geblasen wurde in zahl­losen Gottesdiensten, zu Konfirmationen, auf Weihnachtsmärkten und Kirchentagen, in Bauernscheunen und auf Dorffesten, von Kirchtürmen herab, auf mehrtägigen Freizeiten und da unter anderem mit 35 Chormitgliedern auf einem Floß, dass die Treene flussabwärts bis Friedrichstadt schipperte. Das war 1996, und Jensen schwärmt einen Augenblick lang von der herzlichen Gemeinschaft, die damals bestand und zu der jeder und jede etwas beitrug.


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„Wenn wir auf einer Konfirmation mit dem Posaunenchor spielen, dann klingt das feierlich. Damit erreichen wir unglaublich viele Menschen, die sonst mit Kirche nur wenig zu tun haben“, ist er überzeugt. Was macht Posaunenmusik für ihn aus? „Man kann damit unglaublich viele Menschen erreichen – jederzeit, ohne Stromanschluss, dort, wo man gerade ist. Ich konnte viele junge Menschen in eine bestimmte Richtung bringen, sie positiv beeinflussen“, so Jensen im Rückblick.

Kaum jemand habe zu rauchen angefangen, dafür begannen sechs Mitglieder des Posaunenchors eine Ausbildung bei der Polizei – so wie Jensen, der als Polizist in Neumünster arbeitete. 200 bis 300 Jugendliche habe er wohl ausgebildet, schätzt er. Freizeiten machten dabei viel aus für das Gemeinschaftsgefühl – entweder am Wochenende oder auch für mehrere Tage am Stück. Am Brahmsee beispielsweise, auch auf Sylt und während mehrerer Kirchentage: „Dort geht es darum, füreinander da zu sein, Musik zu machen, abends Andachten zu feiern, Zusammenhalt zu erleben. Damit kann man schon viele jüngere Menschen erreichen“, so Jensen.

Chor-Leitung bleibt in der Familie

Nun will Jensen wieder mehr Zeit mit seiner Familie und auf Ausflügen verbringen, daher höre er auf. Aber eins steht fest: Ob in den Bergen oder am Plöner See – die Posaune ist stets dabei. Und so ganz verlässt er die Chor­arbeit und das Umfeld Posaunen­musik auch nicht: Wenn sein Sohn Joscha die Leitung übernimmt, will er zunächst drei Monate wegbleiben, danach, wenn es gewünscht sei, in der Anfänger-Ausbildung der Jungbläser helfen, so Jensen. Auch als Türmer bleibt er aktiv und bläst von der Vicelinkirche in Neumünster sowie von der Kirche in Bornhöved herab.

Zum 40-Jahre-Jubiläum des Bokhorster Posaunenchors und zum Abschied von Jens Jensen als Chorleiter sind mehrere Veranstaltungen geplant, darunter eine musikalische Fahrt durch die Dörfer der Gemeinde mit Traktoren und Anhängern am Samstag, 7.Mai, ab 9 Uhr sowie einem Festgottesdienst am Sonntag, 8. Mai, um 11 Uhr in der Kirche.