Vom Unterwegssein

Sich zu Fuß oder per Fahrrad auf den Weg zu machen ist eine Herausforderung an Körper und Geist. Doch die Neugier auf das, was nach der nächsten Kurve wartet, wird oft belohnt.

Wer aufbricht, braucht Vertrauen, dass sein Weg ihn auch an ein Ziel führt.
Wer aufbricht, braucht Vertrauen, dass sein Weg ihn auch an ein Ziel führt.TSEW

Es waren herrliche Wochen. Jeden Morgen habe ich Zelt und Zeug aufs Rad gepackt und bin losgestrampelt ins Unbekannte. Hügel hinauf und hinunter, im Duft der Holunderhecken an Feldern und Flüssen entlang und auf schmalen Pfaden durch schattigen Wald. Hier und da eine kleine Fähre, eine Badestelle, eine kühle Dorfkirche. Und am Abend lag ich wieder Zelt und schlief ein mit dem Gesang der Vögel im Ohr.

Unterwegssein ist aufregend, inspirierend – und anstrengend, denn man weiß nie, was der Tag bringt. Wird er angenehm oder schweißtreibend? Liegt hinter der nächsten Kurve ein Café mit Waffeln und selbstgemachter Limonade oder eine Straßensperrung, die zu Umwegen durch hässliche Industriegebiete zwingt? Gibt es Begegnungen mit netten Leuten, mit denen man sich über Gott und das Leben austauschen kann, oder trifft man auf solche, denen man lieber aus dem Weg geht?

Körper und Geist kommen in Schwung

Gerade diese Zufälle und Überraschungen machen das Reisen so bereichernd – egal, auf welche Weise man sich fortbewegt. Ständig ist man damit beschäftigt, neue Ein­drücke zu sortieren und un­gewohnte Situationen zu bewäl­tigen. Das fordert nicht nur den Körper heraus, sondern bringt auch den Geist so richtig in Schwung.

Vielleicht liegt er uns in den Genen, dieser Drang nach der Bewegung, dem Vorwärts­kommen, der Hunger nach Neuem; immerhin stammen wir von umherziehenden Horden ab, die auf der Suche nach Nahrung und Schutz ständig in Bewegung waren. Aber selbst nach der Sesshaftwerdung unserer Gat­tung blieb das Unterwegssein ein wichtiger Faktor in der Entwicklung, denn ohne gab es keinen Austausch von Waren, Ideen oder auch Erbgut.

Gott verspricht, auf allen Wegen bei uns zu sein

Da überrascht es kaum, dass Gott uns Menschen zum Aufbruch geradezu auffordert – und gleichzeitig verspricht, auf allen Wegen mit dabei zu sein. Abraham, Jakob, Mose sind bis heute große Heldenfiguren, und sie alle verbrachten Jahrzehnte ihres Lebens unter­wegs.

Das Volk Israel wanderte 40 Jahre lang durch die Wüste und machte in dieser Zeit entscheidende Erfahrungen mit Gottes Nähe – und seiner Ferne. Jesus zog als Wanderprediger durchs Land, und die „Nachfolge“, zu der er seine Jüngerinnen und Jünger berief, war zunächst ganz wörtlich gemeint.

Viele Möglichkeiten unterwegs zu sein

Wer auf Gottes Stimme hört, wird immer irgendwann in Situationen kommen, in denen es darum geht, das Gewohnte und Vertraute zu verlassen und sich Neuem auszusetzen – neuen Menschen, neuen Gedanken, neuen Räumen. Und auch wenn das Risiken mit sich bringt, steht über allen Wegen das Vertrauen auf Gottes Nähe und Schutz: Du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

Und was, wenn der Körper nicht mehr mitmacht und das Unterwegssein immer mehr einschränkt? Dann reisen die einen in Erinnerungen, träumen sich mit dem Finger auf der Landkarte in die Ferne oder nehmen über das Internet an den Abenteuern anderer teil. Andere laden sich Gäste ein, suchen den Kontakt mit fremden Menschen und lassen sich deren Erfahrungen erzählen. So bleibt der Geist beweglich und das Herz offen für Gott und die Menschen. Es gibt viele Möglichkeiten, unterwegs zu sein. Wer sie nutzt, lebt reich.