Vom Kern der Sache

Über das Reich Gottes, Gerechtigkeit und Frieden schreibt Mechthild Karopka. Sie ist Pastorin in Prohn bei Stralsund.

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: "Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken,
sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem heiligen Geist." aus dem Brief des Paulus
an die Römer 14, 17-19

Voller Stolz füllen sie mit ihren knallroten T-Shirts den Altarraum der Zinnowitzer Kirche auf Usedom. Nach einem dritten Ausbildungswochenende dürfen es die Jugendlichen nun tragen: ihr rotes T-Shirt, auf dem in weißen Lettern „Teamer“ steht. In einem Gottesdienst werden sie gesegnet, nun wollen sie in ihren Orten helfen, Kirche zu bauen. Schon von Weitem wird einem das rote T-Shirt entgegenstrahlen. Diese Farbe verbinden wir heute mit Dynamik, mit Aktivität, mit Liebe. Als ich Kind war, hat meine Mutter streng darauf geachtet, dass ich niemals in roter Kleidung in einen Gottesdienst ging. In Ostdeutschland weckte dies andere Assoziationen.
Im Lauf der Geschichte ändern sich immer wieder Einstellungen, Vorschriften oder Gesetze. Und vorher steht das Ringen um eine Antwort. Der Apostel Paulus setzt sich mit den Christen in Rom über die Frage auseinander: Was darf man essen und trinken – und was nicht? Paulus gibt eine kluge Antwort, in dem er seinen Blick auf das Ziel allen christlichen Daseins lenkt: das Reich Gottes. In ihm ist nicht entscheidend, was man isst oder trinkt – oder ob man rote oder grüne T-Shirts trägt. Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit und Frieden und Freude in dem Heiligen Geist. Paulus unterscheidet also zwischen Fragen, bei denen es um eine Äußerlichkeit geht, und solchen, die den Kern der Sache berühren. Geht es um Äußerlichkeiten, sind alle gefordert, Kompromisse zu finden.
Diese Frage der römischen Gemeinde beschäftigt Christen heute nicht mehr. Es gibt neue Herausforderungen: Sollen gleichgeschlechtliche Paare gesegnet werden oder nicht? Eröffnen Mikrokredite von „ethischen Geldanlagen“ Menschen neue Chancen oder bringen sie diese nur noch in tiefere Abhängigkeit? Baue ich in meine Arbeit mit Kindern biblische Computerspiele ein oder bevorzuge ich doch eher die Spiele mit Stift und Papier, um eigener Kreativität Raum zu geben?
Die Teamer in ihren knallroten T-Shirts geben mir das Signal, gemeinsam die vielen Fragen anzugehen und Gottes Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Unsere Autorin
Mechthild Karopka
ist Pastorin in Prohn bei Stralsund.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.