Vom Entertainer zum Bienen-Influencer

Hunderte Bienen schwirren in dem Video um Jason Runos Kopf, der im Imkeranzug gut geschützt ist. Mehr als 13.000 Menschen folgen dem Kenianer auf Instagram und bekommen regelmäßig Bienen-Updates. Der Influencer reist durchs ganze Land, unterrichtet Imkerei und sammelt Geschichten über die fleißigen Insekten.

Dabei wusste Runo bis vor ein paar Jahren selbst kaum etwas über Bienen. Seine Karriere als Stand-up-Comedian und Eventmanager lief gut – bis die Corona-Pandemie das Kulturleben auch in dem ostafrikanischen Land lahmlegte.

Eine Weile überlegte der 43-Jährige, wie er nun Geld verdienen könnte – bis er eines Nachts von einer Biene träumte. „Ich hätte die Biene auch ignorieren könne, aber dann fing ich an, Honig zu verkaufen“, sagt Runo schmunzelnd. Er kaufte ihn in großen Mengen von einem Händler und vertrieb ihn unter seinem Namen über Social-Media-Seiten.

Schnell kamen die ersten Fragen von seinen Followern: Woher kommt der Honig? Warum schmeckt er, wie er schmeckt? Für Antworten belegte Runo einen Einsteigerkurs bei einem Imker. „Der war eine lebendes Bienen-Lexikon.“ Seine Bienen habe er ohne Handschuhe versorgt. Runo war beeindruckt und schrieb sich am Nationalen Imker-Institut für einen längeren Kurs ein.

Karrierewechsel sind für den ehemaligen Journalisten und Flugbegleiter nichts Neues. Also legte er sich Bienen zu, zog in das Dorf seiner Eltern und schuf ein Paradies für Zehntausende der Insekten. Doch das ist nicht alles: Auf Reisen durchs ganze Land sammelt er Geschichten über die Rolle, die Bienen und Honig in den unterschiedlichen Volksgruppen in Kenia spielen.

Die Marakwet im Westen des Landes etwa leben traditionell nah an oder im Wald und kümmern sich um dessen Erhalt. Bienen sind eine Gemeinschaftssache: Erst wenn eine bestimmte Blume blüht, erlauben die Dorfältesten, dass die jungen Leute nach der kalten Jahreszeit zu den Bienenstöcken in den Wald dürfen, um sie für die warme Jahreszeit bereitzumachen.

Bei der Gruppe der Kikuyu, zu der Runo gehört, ist Honig fester Bestandteil vieler Riten, bei der Beschneidung von jugendlichen Jungen und bei den Brautpreisverhandlungen zum Beispiel. Zu den Zeremonien wird oft Muratina gereicht, ein fermentiertes Honigbier. Mancherorts spielen Bienen eine spirituelle Rolle. Bei den Kamba etwa gelten sie als Segen.

Wie überall auf der Welt sind Bienen auch in Kenia bedroht, von Krankheiten und dem Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. In manchen Regionen bestäuben Bäuerinnen und Bauern ihre Kürbisse oder Tomaten von Hand, weil die Pestizide einen Großteil der Insekten getötet oder vertrieben haben. In einer Studie der Kenyatta University wurden Überreste des bienenschädlichen Wirkstoffs Imidacloprid in Bienenstöcken und Honig nachgewiesen. Der vom Chemiekonzern Bayer hergestellte Wirkstoff ist in Europa inzwischen nicht mehr zugelassen, wird in Kenia aber weiter eingesetzt.

Runo gibt auch Kurse für Menschen, die bisher noch gar nichts mit Bienen zu tun haben. „Bienen können einschüchternd sein“, gibt er zu. „Aber sie bringen großes Potenzial.“ Unter anderem arbeitet er mit Bauern, die durch die Nutztierchen ihren Ertrag vermehren. Besonders helfen die Bienen bei der Bestäubung von Avocado- oder Macadamiabäumen.

Vom Wohlergehen der Bienen profitiert auch die Umwelt. Die Landwirte verzichten auf Pestizide und pflanzen Blumen. Mit dem Einkommen aus dem Honig können sie Schulgebühren für ihre Kinder zahlen, für die sonst vielleicht Bäume gefällt und zu Kohle verarbeitet worden wären. „Mit den Bienen kommt oft ein Perspektivwechsel“, sagt der Influencer.

„Die Arbeit mit Bienen macht mich glücklich“, sagt Runo und lacht. Er lacht viel, das hat er sich behalten aus seinen Comedy-Zeiten. Einmal im Monat bringt er in Nairobi immer noch hunderte Menschen zusammen, die sich gemeinsam über Comedians amüsieren. Er selbst steht auch wieder auf der Bühne. Dass er sonst Menschen für Bienen begeistert, tut dem keinen Abbruch.