Volker Wissings Ampelprojekt in Rheinland-Pfalz funktioniert
Im Bund gescheitert, in Rheinland-Pfalz funktioniert sie. Eine Ampel aus SPD, Grüne und FDP regiert das Land seit 2016. Ihr Rezept: miteinander statt übereinander reden.
Die Ampel im Bund ist zerbrochen – ganz anders in Rheinland-Pfalz: Das westdeutsche Bundesland wird seit acht Jahren als einziges von SPD, Grünen und FDP regiert. Politische Beobachter bescheinigen den drei Parteien eine geräuschlose und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Als Ministerpräsident Alexander Schweitzer im Sommer neu ins Amt gewählt wurde, gab es sogar Unterstützung aus den Reihen der Opposition. Er erhielt mehr Stimmen, als die drei Regierungsfraktionen Sitze innehaben.
Ein Eckpfeiler der Ampel in Rheinland-Pfalz war lange Zeit Bundesverkehrsminister Volker Wissing, dessen Austritt aus der FPD am Donnerstag bekannt wurde. Aus der außerparlamentarischen Opposition führte er als Landeschef seine FDP in die Ampelregierung. Diese wurde bei den Wahlen 2021 bestätigt und sie hat bis heute Bestand. Als stellvertretender Ministerpräsident war Wissing viele Jahre eine wichtige Stütze für Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und galt als Vorreiter für Entwicklungen im Bund.
Dem FDP-Generalsekretär im Bund wurde zugetraut, Brücken zu den Grünen zu errichten. Zu Recht: Unvergessen ist ein berühmt gewordener Social-Media-Post der damaligen Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck im Jahr 2021 mit Christian Lindner – und eben Wissing. Dieses Foto galt vielen als inoffizieller Start für die Koalitionsverhandlungen zur Ampel im Bund.
Solche Inszenierungen brauchte die Ampelregierung in Rheinland-Pfalz nicht. Regierungschef Schweitzer betont wie seine Vorgängerin Malu Dreyer immer wieder, dass man im Land von Biontech und Weinbau miteinander statt übereinander rede. Wenn es nötig sei, setze man sich zusammen und finde eine gemeinsame Lösung. Bewusst verwies Schweitzer zu Beginn seiner Amtszeit darauf, dass seine Ampel nicht mit der im Bund gleichgesetzt werden könne.
“Das ständige gegenseitige Aufschaukeln und die parteipolitische Profilierung in Berlin sind nicht klug. Wir haben in Rheinland-Pfalz bei Landtagswahlen schon immer deutlich gemacht, dass es um das Land zwischen Zweibrücken und Koblenz geht”, sagte er im Juli dem “Trierischen Volksfreund”. Auch der Ablauf des Wechsels an der Spitze der Landesregierung mitten in der Legislatur zeige den Unterschied zur Berliner Ampel.
Man kennt sich, man schätzt sich – und man weiß, was man aneinander hat. Gerade auch in Krisenzeiten. Als sich vor einigen Jahren die damalige Umweltministerin wegen einer Beförderungspraxis in ihrem Ministerium Kritik ausgesetzt sah, blieben SPD und FDP weitgehend still. Anders als im Bund gab es keine lauten Attacken gegen den Koalitionspartner.
Gegenseitige Angriffe gab es auch nicht, als Regierungsmitglieder von SPD und Grünen nach der Flut im Ahrtal und in der Region Trier massiven Vorwürfen ausgesetzt waren. Gemeinsam überstand man mehrere Rücktritte und einen mehrjährigen Untersuchungsausschuss. Die Ampel ist nicht zerbrochen. Bis zum Schluss verteidigte Wissing auch die Ampelregierung im Bund.
Zuletzt verfasste er Anfang November ein Plädoyer in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” für den Fortbestand der Koalition. Beobachter sahen da bereits das Ende der Regierung kommen. “Koalitionen sind nicht einfach. Regieren ist nicht einfach. Demokratie ist nicht einfach”, schrieb Wissing. “Wir tragen die Verantwortung dafür, dass es gemeinsam gelingt.” Die Wähler als Souverän hätten damit SPD, Grüne und FDP gemeinsam beauftragt.
“Er wollte eine Konstellation, in der unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Werten um gute Kompromisse für unser Land ringen und es voranbringen”, so Wissing. Für ihn sei das Regieren eine Dienstleistung. Und ein Dienstleister möchte Wissing weiterhin sein, wenn er nun trotz des FDP-Rückzugs als Minister weitermacht und dafür seiner Partei den Rücken kehrt.