Vogel des Jahres 2025 ist der Hausrotschwanz

Hierzulande ist der Hausrotschwanz ein Allerweltsvogel. Er kommt am Meer genauso vor wie in den Bergen, auf dem Land wie in der Stadt. Das war nicht immer so.

Der Hausrotschwanz ist hart im Nehmen. Er gilt als unempfindlich gegenüber Störungen, sogar beim Brüten. So fand sich schon ein Nest im Innern eines Generators. “Der Generator betrieb ein Sandförderband und war täglich 10 bis 12 Stunden im Einsatz. Außerdem mußte wiederholt sein Standplatz gewechselt werden”, ist bei der Ornithologischen Gesellschaft Bayern in einem Bericht von 1978 zu lesen. “Dieser Standortwechsel, der unbeschreibliche Lärm und das tägliche Bedienen des Generators störten die Hausrotschwänze nicht; ihre Brut flog im Juni aus.”

1978 – damals war der Kranich Vogel des Jahres. Nun hätte er es wieder werden können. Doch diesmal siegte der Hausrotschwanz. Das ist das am Donnerstag verkündete Ergebnis einer öffentlichen Wahl. Organisiert hatten sie der bayerische Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) aus dem fränkischen Hilpoltstein und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) aus Berlin. Bundesweit wurden rund 142.000 Stimmen abgegeben, davon 42.325 für den Rotschwanz. Unter den von Fachleuten vorsortierten Kandidaten waren außerdem die Waldohreule (40.455 Stimmen), der Schwarzspecht (22.656), der Schwarzstorch (20.839) und besagter Kranich (16.205).

Der Hausrotschwanz ist ein etwa spatzengroßer Singvogel, grau-schwarz gefärbt, mit auffällig rotem Schwanz. Diese Flammenoptik hat dem Rotschwanz wohl seinen Platz im Aberglauben eingebracht: “Gilt er in einigen Gegenden als Schutz vor Feuer, so ist er in anderen als Feuerteufel verschrien”, heißt es beim Bund für Umwelt und Naturschutz. Es gibt hierzulande noch eine weitere Rotschwanz-Art: den Gartenrotschwanz. Dessen Männchen hat im Unterschied zum Hausrotschwanz eine rostrote Brust und eine weiße Stirn. Bei beiden Arten sind die Weibchen schlichter gefiedert.

Der neue Vogel des Jahres war unter dem Motto “Mut zur Lücke!” zur Wahl angetreten. Die Naturschutzverbände hatten dem Tier dazu folgende Sätze in den Schnabel gelegt: “Ein Mauerwinkel, ein Hohlraum oder Dachvorsprung – mehr brauche ich nicht. Energiesparende Wärmedämmungen, Sanierungen und Neubauten finde ich super – doch bitte mauere mein Nest nicht ein.” Denn der Hausrotschwanz soll bleiben, was er ist: eine ungefährdete Art. Für Deutschland geht man von 800.000 bis 1,1 Millionen Brutpaaren aus.

Ursprünglich habe der Hausrotschwanz nur im Hochgebirge genistet, heißt es im Nachschlagewerk “Zauber und Schönheit unserer Vogelwelt”. Im nördlichen Europa habe er einst völlig gefehlt, sei dann aber im 19. Jahrhundert zum Kulturfolger geworden.

In Sachen Akustik attestiert das Buch dem Rotschwanz einen “hart schmatzenden Lockruf” und einen “nicht sehr melodischen, gepreßt krächzenden Gesang”. “Er trägt ihn so zeitig am Morgen oder so spät am Abend vor, daß man über ihn gesagt hat, man wisse nicht, ob er ein oder ein sei.”

Ebenfalls charakteristisch für den Hausrotschwanz ist das stete Wippen mit dem Schwanz, das ihn immerzu nervös erscheinen lässt. Laut der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft ist die Funktion dieses Verhaltens nicht eindeutig geklärt. Womöglich soll es Fressfeinden Wachsamkeit signalisieren.

Der Rotschwanz selbst ernährt sich von Wirbellosen wie Fliegen und Spinnen, im Spätsommer mag er auch Beeren. Gegen November verzieht sich der Vogel gen Süden und bleibt bis etwa März in Nordafrika und im Nahen Osten. Einzelne Exemplare leben ganzjährig in Mitteleuropa – angesichts des Klimawandels könnten es mehr werden.

Diese Tiere haben gegenüber ihren ziehenden Artgenossen einen Vorteil: Sie sind im Frühling schneller bei der Nistplatzsuche. Wer in dieser Hinsicht mit seinem Garten punkten will, muss ihn naturnah und strukturreich gestalten. Vorzugsweise sollten dort heimische Pflanzen wachsen, die Insekten Futter bieten, die wiederum dem Rotschwanz als Nahrung dienen. Gifteinsatz ist tabu, erwünscht hingegen ein Potpourri an Kleinstlebensräumen wie Hecke, Teich und Totholzhaufen, ebenso ein passender Nistkasten. Es muss ja nicht gleich ein Generator sein.