Verpasste Chance oder sinnvolle Bedenkzeit?
Es war Präsidentin Annekathrin Preidel selbst, die eine gewisse Erwartungshaltung an „ihre“ Synode formuliert hatte. Ohne „Ausprobieren neuer Wege“ bleibe man in „alten, nicht mehr funktionierenden Strukturen“ gefangen. Es dürfe „keine Angst vor dem Scheitern geben“, hatte Preidel dem Evangelischen Pressedienst (epd) nur wenige Tage vor Beginn der Herbsttagung der Landessynode in Amberg gesagt. Und: Man brauche „Mut, Offenheit und die Bereitschaft, traditionelle Strukturen zu hinterfragen“. Ein ganz zentrales Vorhaben aber blieb bei der Tagung auf der Strecke: die geplante Verkleinerung der Landessynode.
Schon am Montagabend, als die Augsburger Synodale Beate Schabert-Zeidler gemeinsam mit Oberkirchenrat Florian Baier den Entwurf für ein neues Landessynodalwahlgesetz und Änderungen an der Kirchenverfassung vorgestellt hatten, konnte man erahnen, dass es mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit eher nichts werden könnte. Der Eindruck verstetigte sich dann noch einmal mehr bei der ersten Lesung des Gesetzes am späten Dienstagnachmittag. Der Grundtenor der Wortmeldungen: zu überhastet, ein Schnellschuss. Auch würden die geplanten zehn neuen Wahlkreise nicht zu den gerade entstehenden neuen Dekanatsstrukturen passen.
Seit Jahren steckt die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) in einem riesigen Strukturwandel auf vielen verschiedenen Ebenen: Die Zahl der Mitglieder sinkt, die Zahl der Hauptamtlichen geht ebenso zurück wie die finanziellen Möglichkeiten. Mehrere Dekanatsbezirke haben deshalb bereits mit „Nachbarn“ fusioniert, andere sind gerade dabei. Viele Kirchengemeinden gerade auf dem flachen Land teilen sich Pfarrpersonen auf teilweise geviertelten Stellen. Der Landeskirchenrat als kirchenleitendes Gremium hat sich selbst verkleinert, auch die Zahl der Kirchenkreise wird sich laut Synodalbeschluss von sechs auf höchstens vier verringern.
Es könnte der Eindruck entstehen, dass dieser ganze Reformdruck an der Landessynode abperlt. Das wäre allerdings nur die halbe Wahrheit. Die Landessynodale Anna-Nicole Heinrich, die auch Präses der Synode der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist, sagte, die Debatte zur Verkleinerung der Landessynode sei noch nicht so weit: „Das spüren wir gerade.“ Die Debatte zeige aber auch, „dass wir ernsthaft darum ringen, wie wir eines unserer Leitungsorgane weiterentwickeln können.“ Man solle sich in dieser Frage „nicht treiben lassen“: „Ja, wir können das nicht weiter aufschieben, aber wir müssen es auch nicht jetzt entscheiden.“
Vieles an dem vorgestellten Gesetzentwurf schien den Synodalen nicht ganz ausgegoren: der Zuschnitt der Wahlkreise etwa, vor allen Dingen aber die neue geplante Unterscheidung in hauptamtliche und ehrenamtliche Synodale. Sie sollte die bisherige Unterscheidung in ordinierte und nicht-ordinierte Mitglieder ersetzen. Doch der Teufel steckt eben manchmal im Detail. Dem Gesetzentwurf zufolge wäre eine bei der Kirchengemeinde angestellte Kita-Erzieherin als Hauptamtliche einzuordnen, die Erzieherin einer Diakonie-Kita hingegen nicht. Nürnbergs Stadtdekan Jürgen Körnlein bezeichnete die Unterscheidung als „sehr konstruiert“.
Dennoch: Dass die Landessynode am Dienstag beschlossen hat, das Gesetzgebungsverfahren einfach zu stoppen, wirft die Frage auf, wie es um die so oft bei anderen angemahnte Reformfreudigkeit oder -willigkeit des Kirchenparlaments selbst bestellt ist. Der Vize-Präsident der Landessynode, Walter Schnell, brachte es nach dem Scheitern des Gesetzes auf den Punkt: „Es ist einfach schwierig, wenn das Gremium über sich selbst zu entscheiden hat.“ Damit tut sich nicht nur die Landessynode als „Kirchenparlament“ schwer, auch im Bundestag gab es jahrelang keine Mehrheiten für eine Verkleinerung des stets wachsenden Parlaments.
Klar ist die bayerische Landessynode kein Parlament wie jene im politischen Betrieb – es geht eben nicht um Lagerbildung und möglichst scharfe Debatten. Es geht um „Leiten in geistlicher Verantwortung“ in einem rein ehrenamtlich tagenden Gremium. Letztlich bedeutet die Nicht-Reform der Landessynode: Kommendes Jahr wird die Synode voraussichtlich abermals nach alter Systematik gewählt. Die passt übrigens in vielen Punkten auch nicht mehr zu den sich stetig verändernden Strukturen der Landeskirche. (00/3770/27.11.2024)