Verfassungsgericht: Kein Recht auf “Ermöglichung eines Studiums”

Haben Eltern nicht genug Geld für das Studium ihrer Kinder, haben diese Anspruch auf Bafög. Doch wer mittellos ist, hat kein Recht, dass der Staat sein Studium komplett ermöglicht, so das Bundesverfassungsgericht.

Mit Bafög-Leistungen muss der deutsche Staat den Zugang zu einem Studium für Mittellose nicht komplett ermöglichen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Aus dem Grundgesetz könne “kein Recht mittelloser Hochschulzugangsberechtigter auf staatliche Leistungen zur Ermöglichung eines Studiums hergeleitet werden”, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Das Recht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums und auch das Sozialstaatsprinzip begründeten keinen solchen Anspruch.

Darauf könnten sich nur diejenigen berufen, die selbst nicht zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins in der Lage seien, betonte der Erste Senat in der Grundsatzentscheidung. Anders sei dies jedoch, wenn jemand die Möglichkeit habe, “eine solche Bedürftigkeit unmittelbar zu vermeiden oder zu beenden, wie etwa durch die Aufnahme einer existenzsichernden Erwerbstätigkeit”. Es verletze nicht die Menschenwürde, wenn jemand “zur Vermeidung von Bedürftigkeit” einer existenzsichernden beruflichen Tätigkeit nachgehen müsse – im Sinne einer “Selbsthilfe”.

Die Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft nannte die höchstrichterliche Entscheidung “enttäuschend”. Der Beschluss mute Studierenden letztlich zu, ihr Studium abzubrechen, wenn sie dafür keine ausreichende Finanzierung hätten, kritisierte Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender und Hochschulexperte der Gewerkschaft. Der Erste Senat habe “das Grundrecht auf eine menschenwürdige Existenz und Berufswahlfreiheit sehr restriktiv ausgelegt”.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte dem Verfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob der monatliche Bedarfssatz für den hier maßgeblichen Zeitraum von Oktober 2014 bis Februar 2015 verfassungsgemäß sei. Die Grundpauschale betrug damals 373 Euro.

Mittellose Hochschulzugangsberechtigte hätten einen grundrechtlichen Anspruch auf staatliche Leistungen zur Ermöglichung einer gleichen Teilhabe am staatlichen Studienangebot, argumentierte das Bundesverwaltungsgericht. Dieser Anspruch sei verletzt, weil die Grundpauschale den Lebensunterhalt während des Studiums nicht hinreichend sicher decke. Dem folgten die Karlsruher Richter nicht.