Am Samstag ist “Christopher Street Day” in Berlin. Mit dabei ist auch eine Gruppe von queeren Jüdinnen und Juden. Doch auch dieser Szene machen die Folgen des 7. Oktober 2023 das Leben schwer.
Queere jüdische Menschen in Deutschland fühlen sich seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgegrenzt. “Wir erleben einen stillen Boykott. Viele queere Räume sind für uns mittlerweile verschlossen – wir gehen nicht mehr hin und werden auch nicht eingeladen”, sagte Ariel Elbert, Vorstandsmitglied des Vereins von Keshet Deutschland, im Interview der “Jüdischen Allgemeinen” (Donnerstag). Einen Austausch oder Diskurs gebe es in der queeren Szene derzeit nicht.
Elbert kündigte an, dass Keshet Deutschland am Samstag in Berlin eine offizielle Laufgruppe auf dem “Christopher Street Day” (CSD) stellen werde. Dort gehe es noch am ehesten, sich mit Davidstern und Israel-Flagge zu zeigen. Zwar laufe nicht alles reibungsfrei, “aber beim CSD sind immer genug Freunde und Verbündete dabei”. Die Parade und die dazugehörigen Veranstaltungen würden mittlerweile jedoch von vielen Gruppen boykottiert, die eigene Veranstaltungen organisierten.
Die Situation werde zunehmend schlimmer, betonte Elbert. “Es gibt immer mehr Wendehälse, die sich dem israelfeindlichen Konsens in der Szene anschließen.” Queere Personen seien isoliert, auch mit Blick auf Druck aus dem rechten Spektrum. “Wir würden eigentlich sehr gerne in breiteren Bündnissen gegen den Rechtsruck aktiv werden, fühlen uns außerhalb jüdischer Kontexte aber nicht sicher genug. Derzeit fokussieren wir uns daher auf uns selbst.”
Um aus dieser Situation herauszukommen, gebe es noch keinen konkreten Plan, sagte Elbert. Klar sei aber: “Wir wollen nicht tatenlos zusehen, wie wir aus queeren Räumen verdrängt werden. Das lassen wir nicht einfach auf uns sitzen.”
Keshet Deutschland wurde nach eigenen Angaben als Verein gegründet, um die Rechte von und den Umgang mit jüdischen LGBTIQ+ in Deutschland zu fördern. Die englische Abkürzung LGBTIQ+ steht vor allem für nicht-heterosexuelle Menschen, die sich etwa als lesbisch, schwul oder queer identifizieren. Mit dem englischen Wort queer bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind oder deren geschlechtliche Identität nicht mit gesellschaftlichen Rollenbildern übereinstimmt. Unter ihnen sind Personen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung die wohl größte Gruppe.