Menschenrechtler erheben schwere Vorwürfe gegen die Regierung von Präsident Nicolas Maduro. Denn indigene Gemeinden leiden massiv unter der Gewalt von Glücksrittern, die im Dschungel ein Vermögen machen wollen.
Der Hilferuf auf Video zeigt die ganze Verzweiflung der indigenen Gemeinden in Venezuela: “Wir haben eine sehr ernste Pandemie, die die Kinder befällt: Durchfall, Ausscheidung von Parasiten, hohes Fieber. Die Kinder bluten sogar aus der Nase”, berichtete nach Angaben der Nichtregierungsorganisation “Survival International” jüngst ein Gesundheitsbeauftragter der Yanomami aus Mavaca. Das indigene Volk ist den eingeschleppten Viren profitgieriger Eindringlinge und Goldsucher praktisch schutzlos ausgeliefert – ein tödlicher Prozess, der schon seit den ersten spanischen Conquistadores funktioniert.
Wenn über die Zerstörung der Amazonas-Region gesprochen wird, geraten meist Brasilien, Kolumbien oder Peru in den Fokus. Verheerender ist allerdings nach Einschätzung vieler Experten die Lage in Venezuela. “In den letzten Jahren haben venezolanische Regierungstruppen zahlreiche Goldminen im Süden des Landes gestürmt und behauptet, sie würden damit die Umwelt schützen und illegale Bergleute vertreiben”, sagt der niederländische Investigativjournalist Bram Ebus. “Informelle Abkommen zwischen dem Militär und kolumbianischen Guerillagruppen haben es diesen jedoch ermöglicht, den Bergbau fortzusetzen, während venezolanische kriminelle Organisationen tiefer in den Dschungel vorgedrungen sind, um nach Gold zu suchen.”
Ähnlich äußern sich die Experten der Nichtregierungsorganisation in einer Stellungnahme. Gruppen wie SOS Orinoco und Survival International prangern den illegalen Bergbau schon seit Jahren an. Zwar rühmt sich die venezolanische Armee, Flugzeuge und Benzinvorräte illegal tätiger Bergleute in Haximu zerstört zu haben. In Wahrheit aber hätten sich die Bergbaulager allein in der Region Haximu in den beiden Jahren seit 2020 auf 80 verdoppelt, so die Aktivisten unter Berufung auf Satellitenbilder. Die nahe gelegene venezolanische Militärbasis habe jahrelang die Augen vor der zunehmenden Zerstörung durch Goldsucher aus Brasilien verschlossen.
Bereits im Juni 2021 prangerten die Völker der Sanemá und die Ye’kwana den Menschenrechtlern zufolge Versklavung und Ermordung von Indigenen durch brasilianische Bergleute an. Illegaler Bergbau und Drogenhandel grassierten aber auch in den Gebieten anderer indigener Völker wie der Uwottüja. “Im September 2024 wurde Joaquín Hernández, ein Wächter des Waldes und Angehöriger der Ye’kwana, nachts von drei Männern angegriffen und zu Tode geprügelt. Im Anschluss an diesen brutalen Angriff wurden Häuser der Ye’kwana von Bergleuten angezündet.” Auch der Koordinator der Selbstverteidigungskräfte der Uwottüja sei ermordet worden, berichtet Survival.
Dahinter steckt vor allem die Profitgier der illegalen Gruppen und des venezolanischen Militärs. “Gold, das in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit als sicherer Wert gilt, erzielt auf den Märkten weltweit Rekordpreise, was die Ausbreitung des illegalen Bergbaus begünstigt”, sagt Bram Ebus. Dieses Geschäft zerstöre fragile Ökosysteme und verschaffe bewaffneten und kriminellen Gruppen im Süden Venezuelas, die mit Gewalt ganze Gebiete und die dort lebenden Menschen kontrollieren, enormen Reichtum. “Obwohl es schwierig ist, Präsident Maduro zu überzeugen, sollten ausländische Regierungen sein angebliches Interesse an der Umwelt und sein Streben nach internationaler Legitimität nutzen, um Caracas zu drängen, die Gewalt und die Schäden im Amazonasgebiet zu einzudämmen,” fordert Ebus.
Das Eindringen der organisierten Kriminalität mit Duldung und Unterstützung des venezolanischen Militärs ist für die etwa 15.000 Yanomami in den 300 Gemeinschaften in Venezuela eine tödliche Gefahr. Die meisten leben laut Angaben von Survival sehr isoliert und haben kaum Kontakt zu Außenstehenden: “Durch ihre jahrhundertelange Isolation sind sie extrem anfällig für Krankheiten, die von Außenstehenden eingeschleppt werden, da sie kaum oder gar keine Abwehrkräfte gegen Krankheiten wie Grippe und Masern haben.”