US-Supreme-Court sieht Verbot von Abtreibungspille skeptisch

Die Mehrheit der Richter am Obersten Gericht der USA signalisiert, dass sie mögliche Zugangsbeschränkungen für die Abtreibungspille Mifepristone kritisch sehen. Das Präparat ist seit mehr als 20 Jahren erhältlich.

Die Kläger hatten bei dieser Anhörung vor dem Obersten Gericht der USA einen schweren Stand. Eine Mehrheit der neun Richterinnen und Richter gab in seltener Einigkeit zu erkennen, dass sie bezweifelt, ob die Pro-Life-Organisation Alliance for Hippocratic Medicine überhaupt ein Klagerecht hat. Die in der Gruppe zusammengeschlossenen Ärzte seien schließlich nicht unmittelbar betroffen.

Die Mediziner hatten im November 2022 vor einem Bundesgericht in Texas auf Rücknahme der Zulassung für die Abtreibungspille Mifepristone geklagt. Der von Ex-Präsident Donald Trump berufene Richter Matthew Kacsmaryk, ein bekennender konservativer Christ, verfügte im April 2023, das Präparat vom Markt zu nehmen. Im Zulassungsverfahren vor mehr als 20 Jahren seien legitime Sicherheitsbedenken außer Acht gelassen worden, so sein Fazit.

Die US-Regierung und der Pharma-Händler Danco Laboratories zogen vor ein Berufungsgericht in New Orleans und erreichten einen Teilerfolg. Es hob die einstweilige Verfügung auf, befand aber die 2016 und 2021 von der Arzneimittelbehörde FDA beschlossenen Erleichterungen bei der Abgabe des Präparats für zu weitgehend. Dies betraf die Zulassung bis zur zehnten Schwangerschaftswoche sowie die Möglichkeit der virtuellen Verschreibung – auch durch Nicht-Ärzte.

Nun ist der Supreme Court mit der Angelegenheit befasst. Bei der viel beachteten mündlichen Anhörung am Dienstag schien die Mehrheit des Gerichts den Argumenten der kritischen Ärzte nicht zu folgen. Der von Trump nominierte Richter Neil Gorsuch schloss sich der Auffassung seiner von Joe Biden berufenen Kollegin Ketanji Brown Jackson an: Der Supreme Court sollte in diesem Fall nicht mit zu weitreichenden Regelungen über das Ziel hinausschießen. Es müsse in erster Linie um Fragen der Sicherheit gehen. Jackson sagte, es bestehe eine „signifikante Diskrepanz“ zwischen den Einlassungen der Ärzte und ihrer Klage, „die darauf abzielt, jeden daran zu hindern, überhaupt Zugang zu diesen Mitteln zu bekommen.“

Die Nachfrage nach den Abtreibungspillen nimmt seit 2022 zu. Das Oberste Gericht urteilte damals, dass aus der US-Verfassung kein landesweit gültiges Recht auf Abtreibung abgeleitet werden kann. Die Zuständigkeit für die entsprechenden Gesetze liegt seither wieder bei den einzelnen Bundesstaaten. Viele republikanisch regierte Staaten nutzten dies, um den Zugang zu konventionellen Abtreibungsverfahren stark einzuschränken. Dennoch stieg die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche und lag 2023 nach Angaben des Guttmacher Institute bei mehr als einer Million.

Der Anteil medikamentöser Abbrüche stieg auf mehr als 60 Prozent. Dabei wird Mifepristone in der Regel zusammen mit dem Mittel Misoprostol eingesetzt. Auch die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt die Kombination der Präparate, die in den USA von mehr als fünf Millionen Frauen angewandt worden sind.

Die Vertreter der Alliance for Hippocratic Medicine stellten bei der Anhörung erneut die Sicherheit der Pillen infrage und wiesen auf das Risiko ernster Komplikationen hin. Andere Experten halten die Pillen jedoch für ungefährlich.

Die von Trump berufenen Richter Amy Coney Barrett und Brett Kavanaugh fragten, worin ein möglicher Schaden für die Ärzte bestehe, da diese gesetzlich bereits davor geschützt seien, Abtreibungen gegen ihr Gewissen vornehmen zu müssen. Allein die konservativen Richter Clarence Thomas und Samuel Alito zeigten während der zweistündigen Anhörung Sympathie für die Kläger.

Rechtsexperten in den USA gehen nun davon aus, dass der Supreme Court keine verschärften Abgaberegeln für Mifepristone erlassen wird. Ein Urteil wird für den Frühsommer erwartet.